(Bild: privat)
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Vikar Markus Hartung

Neujahrspredigt

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 zu Beginn eines neuen Jahres fragen wir uns meist:
Was bringt uns das neue Jahr?

Wie wird es werden?

Was erhoffen wir?


Vielfach hört man Antworten wie:

Gesundheit, Frieden, ein langes Leben,

 

sichere Verhältnisse und Ähnliches.

 

Keine Frage:

Dies sind alles gute und wichtige Dinge, aber wir haben sie nie sicher.


Oft scheint es, als ob Leben und Glück an einem seidenen Faden hängen.

Krankheiten können uns treffen,

Kriege sich ausweiten,

Vermögen wertlos werden durch Inflation oder Krieg usw.

 

(Bild: privat)

(Bilder: privat)
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Jesus empfiehlt uns nun,

auf Fels zu bauen und nicht auf Sand.

 

Es gibt nur einen Felsen, und der ist Gott!

Daher ist es gut, immer wieder zu beten um Glauben, Hoffnung und Liebe

– und um die Nähe Gottes!

 

Es ist tröstlich und glaubensstärkend,

diesen Felsen wahrzunehmen in unserem Leben.

Dazu möchte ich Ihnen eine wahre Geschichte erzählen:

 

Ein Mann saß in einer Metrostation in Washington DC und begann,

auf seiner Geige zu spielen. Es war ein kalter Januarmorgen.

Er spielte in 25 Minuten sechs Stücke von Bach.

 

 

Während dieser Zeit der „rush hour" eilten genau 1097 Menschen durch die Station,

die meisten von ihnen auf dem Weg zur Arbeit.

 

Drei Minuten vergingen, als ein Mann mittleren Alters bemerkte,

dass ein Musiker spielt.

 

Er verlangsamte seinen Schritt und hielt für einige Sekunden an,

bevor er davon eilte, um seinen Zeitplan einzuhalten.

 

 

 

Ein paar Minuten später erhielt der Geiger

seine erste Dollarspende:

 

eine Frau warf das Geld in den offenen Geigenkasten, ohne ihre Schritte zu unterbrechen.

Ein paar Minuten später lehnte sich jemand gegen die Mauer,

um ihm zuzuhören,

 

aber der Mann schaute auf seine Uhr und begann,

seinen Weg fortzusetzen.

 

Eindeutig war er für seine Arbeit spät dran.

 

Derjenige, der die größte Aufmerksamkeit bot,

war ein drei Jahre alter Junge.

 

Seine Mutter zog ihn eilend voran, der Junge jedoch hielt inne und beschaute sich den Geiger.

 

Letztendlich stieß die Mutter kräftig und das Kind setzte seinen Lauf fort,

drehte jedoch ständig seinen Kopf.

 

Dieses Verhalten wiederholte sich bei mehreren anderen Kindern.

Alle Eltern zwangen sie ohne Ausnahme, sich weiter zu bewegen.

In den 25 Minuten, in denen der Musiker spielte,

hielten nur sechs Personen an und blieben für eine Weile stehen.

 

Ungefähr 20 gaben ihm Geld, setzten jedoch ihren Lauf in normaler Geschwindigkeit fort.

 

Er verdiente $32. Als er das Spielen beendete und wieder Ruhe einkehrte, nahm keiner Notiz von ihm.

 

Niemand spendete Beifall, noch gab es Anerkennung.

(Bild: wikipedia) https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/dc/Joshua_Bell_%282016%29.jpg/330px-Joshua_Bell_%282016%29.jpg
(Bild: wikipedia) https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/dc/Joshua_Bell_%282016%29.jpg/330px-Joshua_Bell_%282016%29.jpg

 

Dieser Geiger war Joshua Bel,

einer der besten Musiker der Welt.

 

Lediglich ein einziger der 1097 Passanten hat ihn erkannt.

 

Er spielte eines der schwierigsten Stücke,

die jemals komponiert wurden auf einer Geige im Wert von 3,5 Millionen Dollar.

 

Zwei Tage vor dem Spielen in der Metro verkaufte Joshua Bell im Theater in Boston bei einem Konzert den Sitzplatz für durchschnittlich $100.

(Das Spielen von Joshua Bell in der Metrostation wurde von der Washington Post organisiert

als Teil eines Sozialexperiments über Wahrnehmung, Geschmack und Vorrangigkeiten von Menschen und von einer versteckten Kamera aufgezeichnet.)

Vermutlich verhält es sich mit Gott ähnlich wie mit dem Geiger in der U-Bahn.


Es gibt so viele Hinweise auf Gott im Leben wie z.B. glückliche Fügungen, Wohltaten Gottes, die Schönheit der Natur in allen Variationen, Glücksgefühle in der Nähe Gottes, Trost und Hilfe in Schwierigkeiten usw.

 


Und viele Menschen nehmen dies alles nicht wahr, wie die Leute in der U-Bahn den Geiger nicht wahrnahmen.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

ein guter Vorsatz für das neue Jahr wäre es, die Fingerzeige, Fügungen und Liebesbekundungen Gottes in unserem Leben wahrzunehmen und Ihm dafür zu danken.

 


Dann habe ich mein Leben im neuen Jahr 2024 wirklich auf Fels gebaut.

https://de.wikipedia.org/wiki/Christk%C3%B6nigsfest
https://de.wikipedia.org/wiki/Christk%C3%B6nigsfest

Vikar Markus Hartung

Predigt zum Christkönigssonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

 

in der Reihe über die letzten Dinge geht es heute

abschließend über das Gericht.

 

Das passt auch gut zum Christkönigssonntag. Denn früher war der König auch der oberste Richter, z.B. König David.

 

Alle schwierigen Fälle wurden ihm zur Entscheidung vorgelegt.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

 

 

Genauso ist auch Jesus König und Richter zugleich.

 

Wir hörten es eben im Evangelium:

 

„Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt …,

dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen und er wird sie voneinander scheiden,

 

wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet.“


Jesus ist König,

der auf dem Thron sitzt und Richter,

der unter- und entscheidet.

Tympanon „Das Jüngste Gericht” am Fürstenportal vom Bamberger Dom
Von Dieses Werk wurde von seinem Urheber Johannes Otto Först als gemeinfrei veröffentlicht. Tympanon „Das Jüngste Gericht” am Fürstenportal vom Bamberger Dom (abgerufen 29.11.2023)

● Zunächst müssen wir klären,

welches Gericht wir meinen.

Das persönliche Gericht nach dem Tod oder das Jüngste Gericht, welches auch Jüngster Tag genannt wird?

 

 

• Über das persönliche Gericht lesen wir in der Bibel:
Im Hebräerbrief lesen wir (Hebr 9,27):

 

„Es ist dem Menschen bestimmt, ein einziges Mal zu sterben,

worauf dann das Gericht folgt.“


Im Katechismus der Katholischen Kirche steht geschrieben:

„Jeder Mensch empfängt im Moment des Todes in seiner unsterblichen Seele die ewige Vergeltung. Dies geschieht in einem besonderen Gericht...“


Paulus schreibt im Römerbrief:

„Wir werden alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen…

Jeder von uns wird vor Gott Rechenschaft über sich selbst ablegen.“, und im 2. Korintherbrief:

„Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden,

damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat.“

(https://www.die-tagespost.de/kirche/aktuell/das-universale-gericht-art-236710 abgerufen 29.11.2023)
(https://www.die-tagespost.de/kirche/aktuell/das-universale-gericht-art-236710 abgerufen 29.11.2023)

• Der Jüngster Tag bzw. das Jüngste Gericht meint die endgültige Ankunft des Herrn

am Ende der Zeiten.

 

Dann wird Jesus Gericht halten

über alle noch Lebenden.

 

Über die Ankunft des Herrn bzw. Sein Erscheinen auf der Erde lesen wir in der Bibel, dass Er in Herrlichkeit erscheinen wird,

und dass Er zum Gericht erscheinen wird.

 

Ist dies nun eine zweifache Erscheinung,

dass Jesus also erst in Herrlichkeit wiederkommt und dann, vielleicht 1000 Jahre später, zum Gericht oder fällt beides zusammen, so dass Er in Herrlichkeit zum Gericht wiederkommt?

Quelle: S. 67. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: S. 67. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

Diese Frage wurde Joseph Kardinal Ratzinger in seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation vorgelegt, worauf er geantwortet hat:

 

„Darüber gibt es keine Lehrentscheidung und es ist dies dem Überlegen und Betrachten des Einzelnen überlassen.“

 

 

Sicher ist jedenfalls, dass bei dieser einen oder zwei Erscheinungen Christus nicht mehr in Knechtsgestalt, sondern in Herrlichkeit,

als König, erscheinen wird.

 

Und Er wird gewiss nicht wieder gekreuzigt werden.

Quelle: S. 140. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: S. 140. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

 

 

• Meine persönliche Vermutung geht dahin,

dass für den Sterbenden

 

das persönliche und das Jüngste Gericht ebenfalls zusammenfallen, da es im Jenseits ja keine Zeitlichkeit mehr gibt,

 

nur noch die Ewigkeit,

ein stehendes Jetzt („Nunc stans“).

 

Daher gibt es dann auch

 

keine Wartezeit mehr auf das Jüngste Gericht.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

● Was bedeutet nun Gericht, sowohl das persönliche als auch das Jüngste?

Ist es eher furchterregend oder eher froh?

 

 

Nun ja, für die Guten ist es sicher ein frohes Ereignis,

für die andern eher nicht so.
In der Heiligen Schrift lesen wir u.a. vom Zorn Gottes:

„Da kam dein Zorn, die Toten zu richten…

und alle zu verderben, die die Erde verderben.“ (Offb 11)


Gottes Zorn und Heiligkeit richten sich gegen jede Sünde und ihre Folgen,

gegen alles Verderben und jedes Unrecht.


Kurz vor Seinem Sterben sprach Jesus:

„Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden.“ (Joh 12)

 

Der Herrscher dieser Welt ist ein Synonym für den Teufel, der im Gericht hinausgeworfen werden wird.

 

Beim Gericht ist die Zeit des Bösen vorbei, alles Böse verliert jegliche Macht.

Und Paulus schreibt: „Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod.“ (1 Kor 15)

Die frühen Christen, die fast ausnahmslos verfolgte Christen waren, haben das Jüngste Gericht bzw. den Jüngsten Tag geradezu herbei gesehnt, da dann nämlich alle Unterdrückung und Verfolgung ein Ende hätte.

Ihr Gebetsruf ist uns überliefert und ist ungefähr das letzte Wort der Heiligen Schrift:

„Maranatha = Komm, Herr Jesus!“ (Offb 22)

 

• Im Gericht wird außerdem die ganze Wahrheit offenbar werden.

Auch dies kann einerseits furchterregend sein, andererseits aber auch froh.

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

Im Lukasevangelium lesen wir:

„Alles, was ihr einander hinter verschlossenen Türen ins Ohr flüstert, das wird man auf den Dächern verkünden.“ (Lk 12)


Alles wird herauskommen, alle Masken werden fallen.

Wir werden sehen, wie und wer wir wirklich sind.

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Wir sehen alle Liebe und Gnade Gottes,

alle guten Werke und wo wir uns und anderen ein Segen waren.

 

Wir sehen aber auch, wo wir in Gedanken, Worten und Werken dem Bösen gefolgt sind, alle Blindheit, alle Egoismen, Feigheit und Lügen. Das kann durchaus schmerzhaft sein.

 

 

 

 

Aber die Zeit ist im Gericht vorbei, was verpasst wurde, kann nicht nachgeholt werden. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

 

● Nun ist niemand nur gut und immer wahrhaftig.

 

Daher hat das Gericht schon für jeden etwas Erschreckendes.

Jesus und ich. Exerzitien im Alltag. Lebensübergabe. S. 62. http://jesusundich.dsp.at
Jesus und ich. Exerzitien im Alltag. Lebensübergabe. S. 62. http://jesusundich.dsp.at

 

Die gute Botschaft ist aber nun, dass man ums Gericht herumkommen kann.

 

Im Johannesevangelium lesen wir:

„Amen, amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben; er kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod ins Leben hinübergegangen.“ (Joh 5,24)


Wer auf Jesus hört und Ihm glaubt,

kommt ums Gericht herum. Dieser echte, gelebte Glaube ist sozusagen der Königsweg.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Paulus schreibt in Röm 8:

 

„Jetzt gibt es keine Verurteilung mehr für die,

welche in Christus Jesus sind.“


Zu diesem echten, gelebten Glauben, um einer Verurteilung zu entgehen, zählt u.a. eine gute Beichte.

 

Sie ist ein vorweggenommenes Gericht.

 

Was ehrlich, mit Reue und dem Willen zur Umkehr gebeichtet wird, ist weg, und zwar auf ewig!

Aus dem Lebensbuch sind diese Dinge gewissermaßen ausradiert.

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

 

 Schwestern Faustyna sagt darüber sinngemäß:

 

„Bevor Jesus in Seiner Gerechtigkeit kommt,

 

steht die Pforte Seiner Barmherzigkeit weit offen!“

Herausgeber und Verleger: Bischöfliches Sekretariat der Diözese St. Pölten. http://jesusundich.dsp.at
Herausgeber und Verleger: Bischöfliches Sekretariat der Diözese St. Pölten. http://jesusundich.dsp.at

• Was ist nun mit denen, die sich nicht klar für Jesus entschieden haben,

und mit denen, die Jesus gar nicht kennen, Atheisten und Mitglieder anderer Religionen?


Das II. Vatikanische Konzil schreibt dazu:

„Wer nämlich das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt,

Gott aber aus ehrlichem Herzen sucht,

 

seinen im Anruf des Gewissens erkannten Willen unter dem Einfluss der Gnade in der Tat zu erfüllen trachtet, kann das ewige Heil erlangen.“

 

 

Das ist gewissermaßen Plan B.

 

Wer also ohne Schuld das Evangelium Christi nicht kennt,

aber seinem Gewissen (also der Stimme Gottes in seinem Innern) folgt,

und das vielleicht sogar unbewusst, kann das ewige Heil erlangen.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

So ähnlich hörten wir es im heutigen Evangelium:

„Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen:

 

Herr, wann haben wir dich hungrig, durstig, fremd, nackt, krank, im Gefängnis… gesehen und haben dir geholfen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

 

 

Diese Gerechten wussten noch nicht einmal,

dass sie für Gott gelebt haben, sie haben einfach unbewusst nach ihrem Gewissen gehandelt.

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

beim Jüngsten Gericht wird das Böse entmachtet werden,

was für alle Benachteiligten, Unterdrückten und Verfolgten ein Anlass zum Jubel sein wird.

 

Im Gericht wird die ganze Wahrheit offenbar.

Ein echter gelebter Glaube ist der Königsweg, um nicht durchs Gericht zu müssen.

 

Und auch Menschen ohne Glauben können im Gericht bestehen, wenn sie ihrem Gewissen folgen.

(Bild: privat)
(Bild: privat)
altes Kalenderblatt 1964 Vorderseite (Bild: privat)
altes Kalenderblatt 1964 Vorderseite (Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 33. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

nach den Themen Fegefeuer und Himmel ist heute

 

die Hölle das Thema.

 

Nach dem Tod gibt es drei Möglichkeiten für den Menschen:

der sofortige Eingang in den Himmel,

das Fegefeuer als Durchgangsstation in den Himmel, oder eben die Hölle.

 

 

Als Vorbemerkung sei gesagt,

dass die Kirche Menschen heiligspricht,

also von ihnen sagt, dass sie auf jeden Fall im Himmel sind,

 

aber von niemandem behauptet,

dass er auf jeden Fall in der Hölle sei.

altes Kalenderblatt 1964 Rückseite (Bild: privat)
altes Kalenderblatt 1964 Rückseite (Bild: privat)

Wenn man Hölle als Ort definieren möchte, dann wäre sie ein Ort der Abwesenheit Gottes.

 

Im Katechismus der katholischen Kirche lesen wir:

 

Die schlimmste Qual der Hölle

besteht im ewigen Getrenntsein von Gott.

 

Einzig in Gott kann ja

der Mensch Leben und Glück finden.

Dafür ist er geschaffen,

und das ist seine Sehnsucht.


Und wenn diese Sehnsucht auf ewig unerfüllt bleibt,

ist dies die Hölle.

altes Kalenderblatt 1964 Vorderseite (Bild: privat)
altes Kalenderblatt 1964 Vorderseite (Bild: privat)

Die Hölle ist kein Werk Gottes,

und theologisch auch weniger ein Ort

als vielmehr ein Zustand eines Menschen,

 

der sich Gott und Seinem Liebesplan

für immer verschließt.

 

Dabei hört Gott nicht auf, jeden Menschen zu bejahen und zu lieben,

denn

 

„Er will, dass sich alle bekehren (2 Petr 3,9)

und gerettet werden. (1 Tim 2,4)

eigene Darstellung
eigene Darstellung

Es kann nun aber Menschen geben,

die im trotzigen Nein zu Gott, den Mitmenschen und der Liebe verharren, die nicht umkehren und nicht umkehren wollen und somit die Erlösung Jesu nicht annehmen.

 

Augustinus spricht in diesem Zusammenhang

vom homo incurvatus in se,

also dem in sich verkrümmten Menschen.

Eine wirklich traurige Karikatur eines Menschen.


Gott allerdings nimmt den Menschen ernst und respektiert seine freien Entscheidungen.

 

Daher lesen wir im Katechismus:

Darum ist es der Mensch selbst, der sich in völliger Autonomie freiwillig aus der Gemeinschaft mit Gott ausschließt, wenn er bis zu seinem Tod in der Todsünde verharrt und die barmherzige Liebe Gottes zurückweist.


Es ist also im Letzten der Mensch selbst, der sich das Urteil spricht.

Quelle: S. 165. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: S. 165. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

 

Jesus hat vergleichsweise oft von der Hölle gesprochen, in verschiedenen Bildern:


- Im Endgericht sagt Jesus:

 

„Weg von mir, ihr Verfluchten,

in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel

bestimmt ist!“ (Mt 25,41)

 

 

Dieses vielleicht bekannteste Bild soll wohl bedeuten,

dass die Seele unter der Abwesenheit Gottes so leidet

 

wie der Körper im Feuer leiden würde.

- An anderer Stelle bezeichnet Jesus die Hölle als einen Zustand, „wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.“ (Mk 9,48)

 

Dies soll wohl einen Zustand endloser Qual beschreiben. Augustinus schreibt dazu:

 

„Der Verdammte ist nicht am Leben und ist nicht tot, sondern stirbt fortwährend.“ Eine gruselige Vorstellung.

Quelle: S. 8. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: S. 8. Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

- Bei Matthäus lesen wir in Mt 13,41f:

 

Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen,

 

die andere verführt und Gesetzloses getan haben, und werden sie in den Feuerofen werfen.

 

Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

 

Heulen und Zähneknirschen sind wohl als Synonyme für totale Wut und Verzweiflung zu verstehen.

 

 

 

- Und nochmal bei Matthäus lesen wir:

„…werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis.“ (Mt 22,13)
Finsternis steht wohl für Angst und Hoffnungslosigkeit.

2012 Anaconda Verlag GmbH Köln; Die Seelenburg
2012 Anaconda Verlag GmbH Köln; Die Seelenburg

Man sieht also:

 

Hölle als ewiges Schicksal wäre

wirklich die Höchststrafe.

Dann wäre es besser, nie geboren zu sein.

 

 

● Interessante Fragen sind natürlich:

Wer ist in der Hölle?

Und wie viele? Oder ist sie gar leer?

 

 

 

Einige Theologen vertreten die Hoffnung auf eine leere Hölle aufgrund der großen Liebe Gottes.

 

Aber kann das wirklich sein, dass die Hölle leer ist?

 

Was spricht dagegen?

(Bild: privat)
(Bild: privat)

- Ein Wort Jesu auf eine Frage ist uns überliefert:

 

„Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?

 

Er sagte zu ihnen:

Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen;

denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen,

aber es wird ihnen nicht gelingen.“

 

(Lk 13,24) Und „breit wäre der Weg, der ins Verderben führt“ (Mt 7,13).


Jesus sagt hier sogar, dass der Weg zum Himmel durch eine enge Tür führt.

Die Bibel. Einheitsübersetzung (2006): Friedrich Hechelmann. Das letzte Abendmahl. S. 1105
Die Bibel. Einheitsübersetzung (2006): Friedrich Hechelmann. Das letzte Abendmahl. S. 1105

- Man kann sich auch fragen, ob eine leere Hölle gerecht wäre?

 

Im Extremfall würde dann

ein Massenmörder wie Adolf Hitler gemeinsam mit Juden

beim Himmlischen Hochzeitsmahl an einem Tisch sitzen.

 

Dagegen sträubt sich irgendwie alles,

schon bei uns,

wie vielmehr bei den Juden.


Trotzdem sagt die Kirche auch über die schlimmsten Verbrecher nicht, dass sie auf jeden Fall in der Hölle sind,

 

weil sie theoretisch die Möglichkeit

eines Bereuens vor dem Tod

gehabt haben,

wie z.B. der gute Schächer am Kreuz neben Jesus.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

- In den Gleichnissen Jesu gibt es viele Höllenbezüge.

 

Der christliche Philosoph Robert Spaemann

sagte einmal:

 

Wenn alle diese Jesusworte leere und falsche Warnungen wären,

 

dann wäre Jesus so ähnlich wie der Nikolaus,

der „Du, du!“ macht und zuletzt dann

doch immer die Geschenke auspackt.

Faustyna am Ort Fegefeuer
Faustyna am Ort Fegefeuer
(Bild: privat)
(Bild: privat)
Faustyna am Ort Fegefeuer
Barmherzigkeit Gottes in meiner Seele. Tagebuch - Schwester Faustyna. S. 12,13. Parvis-Verlag

- In einigen Privatoffenbarungen,

wie z.B. in Fatima (kirchlich anerkannt),

 

spricht die Gottesmutter von der Hölle als einem Ort (Zustand), der nicht leer ist.


Bei anderen Privatoffenbarungen haben Seher sogar Visionen von der Hölle gehabt, die nicht leer ist.

 

Ich zumindest würde mich nicht darauf verlassen, dass die Hölle leer ist.

Faustyna am Ort Hölle
Faustyna am Ort Hölle
Quelle im Bild:-)
Quelle im Bild:-)

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

die Hölle ist der Zustand der Abwesenheit Gottes.

 

Obwohl Gott will, dass alle gerettet werden,

respektiert Er die freie Entscheidung des Menschen gegen Ihn,

gegen die Liebe und gegen die Mitmenschen.


Wer wirklich das Ziel des Lebens so sehr verfehlt,

dass er in Hölle landet,

der hat

„sich selbst in völliger Autonomie freiwillig aus der Gemeinschaft mit Gott ausgeschlossen.“


Hoffen und beten wir,

dass möglichst wenige Menschen so sehr den Sinn ihres Lebens verfehlen.

(Bild: privat)
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Vikar Markus Hartung

Predigt zum 32. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

im zweiten Teil der Predigtreihe über die letzten Dinge (Fegefeuer, Himmel, Hölle, Gericht)

 

soll es heute um den Himmel gehen.

 

Wir Menschen sind geschaffen für eine so große Fülle an Glück und Herrlichkeit, die die Welt uns nicht geben kann. Niemand kann sagen, er sei vollkommen glücklich und mehr ginge einfach nicht.

Uns fehlt immer etwas in dieser Welt.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

 

Der heilige Augustinus hat es in die berühmten Worte gefasst:

„Unruhig ist unser Herz, bis es in dir, o Gott, ruht!“

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Ein Beispiel mag auch der Mangel an Zeit sein.

 

Die meisten Menschen haben das Gefühl, nie genug Zeit zu haben.

 

Auch das ist ein Hinweis darauf, dass wir für die Ewigkeit geschaffen sind.

 

Dort gibt es nämlich keine Zeitlichkeit mehr, sondern nur noch die Ewigkeit,

sozusagen ein stehendes Jetzt.

 

Irdisch – aber nicht korrekt – gesprochen hat man im Himmel genug Zeit.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Dieses Bei-Gott-sein in Ewigkeit nennen wir Himmel.

 

Paulus schreibt im Philipperbrief: „Unsere Heimat ist im Himmel“. (Phil 3,20)

 

Unsere irdische Heimat kennen wir und meistens mögen wir sie auch. Die himmlische Heimat kennen wir noch nicht, aber wir werden sie lieben.

 

Der Himmel ist Wohnsitz Gottes, der aber nach Paulus „in unzugänglichem Licht wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag.“ (1 Tim 6,16)

 

Sowohl Gott als auch der Himmel sind in unzugänglichem Licht.

 

Im 1. Korintherbrief schreibt Paulus:

„Wir verkünden, wie es in der Schrift steht, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Herz gedrungen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“

Gott und Himmel hat noch niemand gesehen und gehört.

Wir hoffen also auf eine wahre Heimat,

die wir aber noch nicht kennen und uns auch nicht ausmalen können.

 

 

Zwei Beispiele dazu:

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

- Könnte sich ein Kind im Mutterleib, welches in Dunkelheit und Enge lebt,

 

die herrlichen Farben des Herbstes vorstellen, oder die Schönheit eines Sonnenuntergangs, den Sternenhimmel, das strahlende Gesicht der Mutter oder was Hüpfen und Springen bedeutet?

 

Nein, all dies könnte es nicht, weil ihm die Erfahrung für diese Dinge fehlt.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

- Wie stellt sich wohl eine Raupe den Himmel vor? Vermutlich als einen Ort, an dem es bestes Fressen in Fülle gäbe.

 

Aber schon eine Existenz als Schmetterling, der herumfliegen kann und in den schönsten Farben erstrahlt, würde den Erfahrungshorizont einer Raupe sprengen.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Und ganz ähnlich sprengt der Himmel unseren Erfahrungshorizont.

Obwohl dies so ist, müssen wir bestmöglich – mit irdischen Begriffen (denn andere haben wir nicht) – über den Himmel reden.

 

● Es gibt zahlreiche biblische Bilder vom Himmel,

die allerdings alle defizitär sind und niemals die Wirklichkeit des Himmels umfassend beschreiben können.

 

Alle beleuchten allenfalls einen Aspekt des Himmels, mehr schlecht als recht.

Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Bilder Friedrich Hechelmann. Er stellte östlich des Garten Eden die Kerubim auf. (Gen 3.24)
Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Bilder Friedrich Hechelmann. Er stellte östlich des Garten Eden die Kerubim auf. (Gen 3.24)

- Gleich im ersten Buch der Bibel, im Buch Genesis,

lesen wir von Adam und Eva im Garten Eden bzw. Paradies.

 

Man könnte dies auch als Lustgarten übersetzen,

also als einen Ort, wo alle Wünsche und Bedürfnisse überreich gestillt sind.

 

Dort herrscht Leben in Lust und Freude und ohne Krankheit und Tod.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

- Das Bild vom Himmlischen Hochzeitsmahl begegnet uns bei Jesus,

aber auch als Prophezeiung bei Jesaja:

 

Der HERR der Heerscharen wird …

für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen,

ein Gelage mit erlesenen Weinen… (Jes 25,6)

 

Dieses Bild betont den Aspekt des Genusses.

Man wird im Himmel nicht darben müssen.

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

- Das Bild von den Ewigen Wohnungen im Himmel wird gern zu Beerdigungen genommen.

 

Bei diesem Bild schwingt mit:

Geborgenheit,

Sicherheit,

zu Hause sein,

 

Wohlfühlen.

Gesangbuch für die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern. Verlag Sebald, Nürnberg 1904
Gesangbuch für die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern. Verlag Sebald, Nürnberg 1904

- Die Selige Gottesschau im Himmel ist

Thema bei Johannes:

 

Wir werden Ihn (Jesus) sehen, wie Er ist. (1 Joh), wenn wir im Himmel sind.

 

 

 

 

 

Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. S.431
Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. S.431

Wie beglückend das Bei-Jesus-sein ist, das beschreibt Paulus im Philipperbrief:

„Für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. … Ich habe das Verlangen, aufzubrechen und bei Christus zu sein -

um wie viel besser wäre das!“

 

 

Ich kann mir vorstellen, dass Paulus selbst Visionen vom Himmel hatte und deshalb so sicher sein kann.

 

Menschen mit Nahtoderfahrungen berichten ganz ähnlich wie Paulus und die allermeisten Menschen sind traurig, wenn sie zurückkommen

ins irdische Leben.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

- Im Himmel wird es nach Paulus ein Leben geben mit einem herrlichen, überirdischen Leib:

 

„Dieses Verwesliche muss sich mit Unverweslichkeit bekleiden und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit.“ ( 1 Kor 15).

 

Es gibt im Himmel keine Vergänglichkeit mehr, was auch logisch ist, wenn es dort keine Zeitlichkeit mehr gibt.

 

Das übersteigt allerdings unser Vorstellungsvermögen, weil wir nur zeitlich denken können.

Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Bilder von Friedrich Hechelmann. Das neue Jerusalem. (Offb. 21,1-22.5)
Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Bilder von Friedrich Hechelmann. Das neue Jerusalem. (Offb. 21,1-22.5)

- Das letzte Bild vom Himmel ist das vom Himmlischen Jerusalem:

 

„Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie und ihre Leuchte ist das Lamm.“

 

Es braucht in dieser Stadt nichts weiter als Gott und das Lamm, also Jesus Christus.

 

Das erinnert ein wenig an die spanische Mystikerin Teresa von Avila, die zusammenfassend sagte:

„Gott allein genügt.“

Aber noch einmal: dies sind alles nur Bilder und als solche nur ein schwacher Abglanz der tatsächlichen himmlischen Wirklichkeit, die unseren Erfahrungshorizont sprengen würde.

(Bilder: privat)
(Bilder: privat)

● Auf jeden Fall wird im Himmel alles geheilt sein, körperlich sowieso, aber auch alle seelischen Wunden und Verletzungen, alle belastenden Erinnerungen und alle Beziehungen werden geheilt sein.

 

Es wird im Himmel eine einzige, glückliche und vollkommene Gemeinschaft geben, die himmlische Kirche mit allen Heiligen und Engeln.

 

Alle Himmelsbewohner werden hineingenommen sein in die dreifaltige Liebe zwischen Vater und Sohn und werden so ganz eins sein mit Gott.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

● Der Himmel ist sowohl Lohn als auch zugleich Geschenk. In den Seligpreisungen lesen wir beispielsweise:

 

„Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet … Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.“

(Mt 5)

 

Das Schwere, das man im Leben zu tragen hatte, wird sich in großen Lohn verwandeln.

Zumindest ist dies eine Möglichkeit für Lohn.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

In der Offenbarung des Johannes lesen wir:

„Selig die Toten, die im Herrn sterben, von jetzt an sollen sie ausruhen von ihren Mühen; denn ihre Taten folgen ihnen nach.“

 

Die Taten auf Erden folgen den Himmelsbewohnern nach. Alles wird im Himmel offenbar werden, aller Segen, den wir durch andere erfahren haben und aller Segen, den andere durch uns erfahren haben.

 

Für jede kleinste Tat der Liebe werden wir sehr dankbar sein im Himmel. Und es wird eine umfassende Gerechtigkeit hergestellt werden.

Möglicherweise werden, wie Jesus an anderer Stelle sagt,

viele Letzte Erste sein und viele Erste Letzte.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Der Himmel ist aber nicht nur Lohn für ein gutes Leben, sondern auch – und vor allem – Geschenk.

 

Niemand kann so gut sein, dass er einen Anspruch auf den Himmel hätte, so dass er an der Himmelspforte zu Jesus oder Petrus sagen könnte: „Tritt beiseite, ich habe mir den Himmel verdient!“

 

Nein, so wird es nicht sein, wir können uns den Himmel nicht verdienen, er wird immer Geschenk sein.

Deutlich zu sehen ist dies beim Schächer am Kreuz, der von sich selbst sagt, dass er zu Recht dort hängt.

 

Aber in seiner letzten Stunde beweist er Jesus seinen Glauben und Liebe und bittet Ihn, an ihn zu denken, wenn Er in sein Reich kommt. Und Jesus verspricht ihm: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“

Auch wenn der Himmel in erster Linie Geschenk ist, so scheint doch der Glaube an Jesus und Liebe zu Ihm eine Bedingung zu sein, auch wenn man erst spät im Leben dazu kommt.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

alles Reden über und alle Bilder vom Himmel sind unzureichend, einfach weil der Himmel in einer anderen Dimension ist.

 

Wichtige Voraussetzungen für den Eintritt in den Himmel sind Glaube und Liebe.

 

Die Mystikerin Angela von Foligno sagte einmal:

 

„Wenn wir auch nur eine Sekunde lang den Himmel sehen könnten,

wir würden völlig anders leben, in einer heiligen Entschiedenheit für Gott,

in einer gewaltigen Vorfreude und voll Begeisterung über das Leben und

unseren wunderbaren Gott."

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 31. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

die letzten vier Predigten des Kirchenjahres, also bis Christkönig einschließlich, soll es um die letzten Dinge gehen, nämlich Fegefeuer, Himmel, Hölle und Gericht. Heute beginne ich mit dem Fegefeuer.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Fegefeuer ist ein unfreundliches Wort,

 

auf Lateinisch heißt es Purgatorium, also Reinigungsort.

 

Über dieses Purgatorium lesen wir im Katechismus der Katholischen Kirche:

 

 

 

Das Purgatorium ist der Zustand jener, die in der Freundschaft Gottes sterben, ihres ewigen Heils sicher sind, aber noch der Läuterung bedürfen, um in die himmlische Seligkeit eintreten zu können.

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Das Purgatorium ist also lediglich eine Durchgangsstation.

 

Wenn man dort ist, ist man sich des ewigen Heils,

also des Himmels, schon sicher.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vielfach wurde sich vor dem Fegefeuer gefürchtet. Was hat es mit diesem Ort auf sich? Ist es wirklich ein Ort, wo Menschen vom Feuer gequält werden?

Papst Benedikt hat versucht, mit dem Bild vom Fegefeuer aufzuräumen, als er es als einen Ort bezeichnete, den Gott uns zur Verfügung stellt, um uns nochmal mit dem ganzem Leben auseinander zu setzen.

Das klingt schon etwas freundlicher.

Ein schöner Vergleich stammt vom früheren Berliner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner:


Wer aus der Dunkelheit in das helle Sonnenlicht gerät, dem wird zunächst schwarz vor den Augen, dessen Augenlicht muss sich erst langsam an die strahlende Sonne gewöhnen. Das ist im Ewigen Leben nicht anders. Wer aus dem Dunkel dieser Welt, in der er vielleicht dem Lichte Gottes gegenüber sehr verschlossen war, nach seinem Tode in das strahlende Licht Gottes kommt, dem wird schwarz vor den Augen, der muss sich erst langsam und mühsam an das überwältigende Licht der Liebe Gottes gewöhnen. Das nennen wir „Fegefeuer“.

 

Das Fegefeuer ist also kein Feuer, sondern eher ein Ort, um gottfähig bzw. gottgemäß zu werden.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Allerseelen ist ein Gedenktag und Gebetstag für diejenigen, die noch auf dem Weg der Reinigung sind, damit sie gottfähig und gottgemäß werden.
Und dieser Weg beginnt schon auf Erden. In der Taufe ist das göttliche Leben schon keimhaft in uns angelegt. Dieses soll unser ganzes Wesen mehr und mehr verwandeln. Diese Verwandlung meint die Reinigung und Heiligung unserer ganzen Person.
Diese Reinigung, Heiligung oder auch Läuterung findet seine Fortsetzung im Jenseits, wenn wir sterbend noch nicht diese Gottfähigkeit haben, um Gott, also diese Herrlichkeit und Faszination Gottes, ertragen zu können.
Im Bild der Augen und Sonne sind unsere Augen noch geblendet.

Das Fegefeuer ist kein Ort der Strafe und schon gar nicht der Rache des Himmels, die sich an uns austobt, sondern ein An-sich-geschehen-lassen, um Gott, diesem verzehrendem Feuer der Liebe, gemäß zu werden. Das ist unsere tiefste Berufung, beginnend schon auf Erden.

Das Fegefeuer ist gewissermaßen ein Selbstwerdungsprozess, bei dem wir alle unsere dunklen Anteile loswerden, was wir vermutlich schon auf Erden versuchten. Man müsste fast dankbar sein für das Fegefeuer.

 

● Warum sprechen wir von den Armen Seelen im Fegefeuer?

 

Nun, aus zwei Gründen:
- Im Gericht haben diese Seelen für einen Augenblick die unfassbare Schönheit und Herrlichkeit Gottes gesehen und sind in brennender Sehnsucht nach Ihm ergriffen, können Ihn aber noch nicht aushalten. Das ist sicherlich ein Zustand der Armut, vielleicht sogar der Qual.
- Und sie können nichts mehr für sich selbst tun. Das wäre nur zu Lebzeiten auf Erden möglich gewesen.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Und hier kommen wir ins Spiel.

Wir können den Armen Seelen durch unser Fürbittgebet helfen,

dass sie möglichst bald Gott aushalten können,

oder im Bild der Sonne, dass ihnen die Augen für die Herrlichkeit der Liebe Gottes aufgehen,

ohne von ihr geblendet zu werden.

 

In der Kirche als Leib Christi sollen die einzelnen Glieder füreinander einstehen, wir also für die Verstorbenen im Fegefeuer.

 

Und nur, weil es das Fegefeuer gibt, ergeben Gebete für die Verstorbenen Sinn!

Im Himmel bräuchten sie unsere Gebete nicht mehr, in der Hölle hätten sie keine Auswirkungen.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Im Katechismus lesen wir dazu:


Kraft der Gemeinschaft der Heiligen können die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern,

den Seelen im Purgatorium helfen,

indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer,

aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen.

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

Ich kann hier nicht auf alle Punkte eingehen,

wichtig ist aber auf jeden Fall, ein Requiem für die Verstorbenen zu feiern oder immer mal wieder eine Gedächtnismesse für Verstorbene feiern zu lassen.


Und spätestens, wenn die Armen Seelen vollendet sind im Himmel,

können sie auch für uns eintreten.

 

Das werden sie sicherlich auch tun aus lauter Dankbarkeit,

wenn wir ihnen in den Himmel geholfen haben.

(Bilder: privat)
(Bilder: privat)

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, das Fegefeuer oder Purgatorium ist ein Reinigungsort und kein Ort der Strafe. Es ist ein Ort, um gottfähig, gottgemäß zu werden, was unsere tiefste Berufung ist. Eigentlich ist das Fegefeuer ein Selbstwerdungsprozess. Dort werden wir so, wie Gott sich uns immer schon vorgestellt hat.


Diesen Armen Seelen im Fegefeuer, die nichts mehr für sich tun können, beizustehen, ist unsere Aufgabe als noch auf der Erde lebende Christen.

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

Vikar Markus Hartung

Predigt zum Weltmissionssonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

bei einer Umfrage in einer Fußgängerzone im Allgäu wurde gefragt, was die Menschen davon halten, ihren Glauben weiterzugeben?
Das ist ja eigentlich eine Grundaufgabe jedes Christen.


Die Antworten waren sehr eindeutig und unmissverständlich:

Der Glaube sei reine Privatsache.

Niemand, nicht ein Einziger, hat sich für die Weitergabe des Glaubens ausgesprochen.

 

Im Gegenteil:

Die Glaubensweitergabe bzw. Mission wurde verglichen mit Vertretern an der Haustür, die ihr Produkt an den Mann oder die Frau bringen wollen.

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

 

 

Und diese Umfrage fand im Allgäu, also einer recht katholischen Gegend, statt.

 

 

Hätte diese Umfrage in Brandenburg, oder irgendwo sonst in Deutschland oder sogar Europa stattgefunden, wären die Ergebnisse vermutlich ganz ähnlich ausgefallen.

 

 

 

Das Thema „Mission“

scheint

aus der Zeit gefallen zu sein.

 

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

 

 Dies macht nachdenklich.

 

Natürlich wollen wir niemandem lästig werden und Indoktrination oder Überredung würden tatsächlich dem Wesen des christlichen Zeugnisses widersprechen.


Aber dennoch kommen wir um den Missionsauftrag nicht herum.

 

Das letzte Konzil, das II. Vatikanische Konzil, hat es ausdrücklich betont:

 

„Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch.“

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

 

 

 

 

Diese Aussage resultiert aus einer Aussage von Jesus selbst, wie wir bei Mt 28 nachlesen können:

 

„Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde.

Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern;

 

tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes

und des Heiligen Geistes

 

und lehrt sie,

 

alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

Dabei muss die Mission natürlich immer

den Charakter einer Einladung haben.

 

Sie sollte aus der Sehnsucht wachsen,

die eigene Glaubensfreude mit anderen zu teilen.

 

Dabei ist die Glaubensweitergabe immer ein freies,

respektvolles Angebot an freie Menschen.

 

 

Trotzdem ist Mission schwer,

weil man auf Menschen trifft, die anders denken.

 

Und das Denken und Glauben von Menschen,

das sich über Jahre und Jahrzehnte entwickelt hat,

zu verändern, ist naturgemäß sehr schwer.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

● Mission ist auch schon im Alten Testament ein Thema,

 

wenn auch deutlich kleineres als im Neuen Testament.

 

Obwohl das Judentum keine missionarische Religion ist, gibt es durchaus missionarische Elemente auch im Alten Testament.

 

Eines davon ist das Buch des Propheten Jona.

 

Jona lebte in Galiläa, der späteren Heimat von Jesus,

als er von Gott den Auftrag erhielt, nach Ninive (heute Mossul – am Tigris im Nordwest-Irak) zu gehen und den Menschen dort die Umkehr zu predigen.

 

Jona allerdings wollte nicht, wohl,

 

weil er um die Schwierigkeit dieser Aufgabe wusste, und versuchte, vor Gottes Auftrag zu fliehen.

 

Er nahm sich ein Schiff nach Tarschisch, das an der Südküste Spaniens lag (in der Nähe der Meerenge von Gibraltar).

Er wollte also durch das ganze Mittelmeer so weit nach Westen wie nur möglich.
Jona aber geriet in echte Schwierigkeiten, ein Sturm kam auf, aus dem er schließlich auf wundersame Weise gerettet wurde, ob durch einen Wal oder sonst wie, sei jetzt mal dahingestellt.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

 

Auf jeden Fall erhielt er eine zweite Chance von Gott.

 

Er ging also nach Ninive

und kündigte der Stadt die bevorstehende Vernichtung an.

 

Überraschenderweise hatte seine Predigt Erfolg,

die Bewohner riefen ein 40-tägiges Fasten und Beten aus

 

und Gott hatte Erbarmen mit der Stadt,

so dass sie nicht vernichtet wurde.

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Eine vielleicht auch zeitlos gültige Lehre aus dieser Geschichte ist wohl, dass wenn man den Auftrag Gottes zur Mission nicht befolgt,

man in stürmische Zeiten geraten kann.


Ich frage mich:

Wenn mehr Menschen zu Jesus finden würden,

also Christ werden würden,

würde die Welt dann nicht viel friedlicher sein?

 

Ich meine hier nicht Christen nach dem Taufschein,

sondern echte Jünger Christi,

 

die eine wirkliche Beziehung zu Jesus unterhalten.
Ich glaube schon!

Wer sich Jesus zum Vorbild nimmt, der will Frieden stiften, wie Jesus selbst.

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

Im Neuen Testament sind uns viele Episoden über die Friedensliebe Jesu überliefert:

 

- Als Jesus mit seinen Jüngern auf dem Weg von Galiläa nach Judäa durch Samarien kommt und sie dort keine Unterkunft erhalten,

 fragen die Donnersöhne Jakobus und Johannes, ob sie Feuer vom Himmel fallen lassen sollen.

 

„Da wandte Jesus sich um und wies sie zurecht.“

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

- Als Petrus bei der Verhaftung Jesu zum Schwert greift, weist Jesus ihn mit den Worten zurecht:

 

„Steck dein Schwert in die Scheide! Denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.“


- In den Seligpreisungen sagt Jesus ausdrücklich: „Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“


- Im heutigen Evangelium hieß es:

„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was   Gottes ist.“

 

Jesus ist kein Revolutionär, der mit Gewalt die Römer aus dem Land jagen will.


- Nur ein einziges Mal wird Jesus handgreiflich (freilich nicht gegen Menschen),

als es um die Heiligkeit des Tempels geht und er die Tische der Händler umstößt.

 

„Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein.“
Diese Stelle kann und darf aber natürlich kein Christ als Rechtfertigung für Gewalt betrachten.

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

 

 

Wer sich Jesus zum Vorbild nimmt, will Frieden stiften!


Allein schon deswegen ist Mission für die Welt wichtig,

 

damit sie friedlicher wird.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

● Immer wieder wird die Missionsnotwendigkeit betont. Papst Franziskus sagte kürzlich in einem Interview:

 

„Die Kirche ist erklärtermaßen missionarisch.

 

Deshalb sind alle Christen Missionare und müssen die Frohe Botschaft zu allen Menschen tragen,

denen sie begegnen.

 

Dies müssen sie nah und fern,

zu Hause und beim Sport, in der Erholung,

immer und überall tun.

 

Die Rückkehr zum Evangelium ist die Basis jeglicher Erneuerung.“

 

 

Zumindest sollte die Sehnsucht im Christen vorhanden sein, dass auch die Mitmenschen Jesus kennenlernen.

 

Das muss gar nicht durch eine persönliche Ansprache geschehen, sondern kann sich auch im Gebet für den Mitmenschen ausdrücken oder einfach durch einen Hinweis auf christliche Medien wie Radio Horeb, Bibel TV oder K-TV.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,


Mission scheint irgendwie aus der Zeit gefallen zu sein.

 

Wer versucht zu missionieren erweckt den gleichen Eindruck wie ein Vertreter an der Haustür. Dennoch bleibt Mission zeitlos wichtig, weil sie ein Auftrag Jesu ist.


Und je mehr Menschen Jünger Jesu werden, desto besser wird Welt!

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 27. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

im Evangelium hörten wir soeben, dass ein Mann einen Weinberg besaß, was auch damals einen großen Besitz bedeutete.

 

Er verpachtete den Weinberg an Arbeiter, die dort arbeiten sollten, und zur Erntezeit schickte der Besitzer des Weinbergs Knechte, um seinen Anteil an der Ernte holen zu lassen, also Weintrauben oder Wein.
Die Pächter des Weinbergs geben allerdings nichts, sondern verprügeln stattdessen die Knechte. Daraufhin wird der Besitzer des Weinbergs natürlich sauer auf die Pächter.

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Wie kann dieses Gleichnis ausgelegt werden?

 

 Nach der klassischen Auslegung ist der Besitzer des Weinbergs Gott und der Weinberg ist das Reich Gottes, wir können auch sagen: die Kirche.
Die Arbeiter im Weinberg sind die Arbeiter in der Kirche. Wer ist das heute?


Sicherlich die Haupt- und Ehrenamtlichen in der Kirche, aber eigentlich alle Getauften.

Denn sie alle haben den Auftrag, an ihrem Ort das Reich Gottes auszubreiten.
Wir alle sind gewissermaßen Pächter des Weinbergs, der die Kirche ist.

 

Welche Früchte sollen wir bringen?

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vermutlich jeder ganz verschiedene,

ganz nach seinen Fähigkeiten und Talenten.

 

▪ Dabei verlangt Gott nicht zu viel von uns. Wenn der Weingutbesitzer Früchte von den Pächtern haben will, dann will er Wein oder Weintrauben, er verlangt keine Fische oder Brote und auch kein Fleisch. Sie sollen nur abliefern, wozu sie die Möglichkeit haben.

So ist es auch bei uns. Gott verlangt nichts von uns, wozu er uns nicht befähigt hätte. Aber das, wozu er uns befähigt hat, sollen wir IHM auch geben.
Hier kann jeder überlegen, welche Fähigkeiten er von Gott verliehen bekommen hat und welche Früchte daraus resultieren könnten?
Vielleicht hat jemand die Gabe, eine gute Atmosphäre zu schaffen, oder caritativ tätig zu sein, zu lehren oder den Glauben in der Familie zu leben und weiterzugeben oder…
Jeder hat seine je eigene Aufgabe gemäß seinen Fähigkeiten.
Tatsächlich jeder, denn selbst ein Baby bringt schon Früchte durch sein Lächeln.

Dabei bleibt es nicht, meistens kommen später noch andere Früchte hinzu.

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

● Der antike Theologe Origenes hat zur Auslegung dieses Gleichnisses von Trauben der Liebe, der Freude und des Friedens geschrieben, die man als Christ bringen sollte.

 

Bei dieser Auflistung habe ich an den heiligen Franz von Assisi gedacht, den wir am 4. Oktober feierten, und der alle diese Früchte gebracht hat:

 

In seinem späteren Leben wurde Franz Bruder „Immerfroh“ genannt.

 

Er war aber gar nicht immer froh gewesen. Als Jugendlicher wurde er Ritter, also Soldat, geriet in Gefangenschaft und erkrankt psychisch schwer.

 

Es heißt, dass er von Depressionen geradezu geschüttelt wurde. Im Gebet hat er gegen die Krankheit angekämpft und sie schließlich überwunden.

 

Nur so ist er der Bruder „Immerfroh“ geworden, weil er durch diese Schule des Leidens gehen musste.

Eine Aussage des heiligen Franz von Assisi zur (Frucht der) Freude ist überliefert:

„Nichts fürchtet der Teufel mehr als einen fröhlichen Menschen.“

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Auch Liebe zeichnete den heiligen Franz aus, im folgenden Beispiel zu einem Wolf:


Ein reißender Wolf versetzte die Stadt Gubbio in Angst und Schrecken und hatte schon mehrere Menschen getötet. Die Leute warnten:

„Hüte dich, Bruder Franz!“
Franziskus ging dennoch ohne jeden Schutz zum Wolf in den Wald, nannte ihn seinen Bruder und versprach ihm, für die tägliche Nahrung zu sorgen.

 

So zähmte er ihn; der Wolf lebte noch zwei Jahre in einer Höhle, nun inmitten der Stadt; von Tür zu Tür ließ er sich in Gubbio versorgen, ohne jemandem Leid anzutun. Nie bellte ein Hund gegen ihn, die Leute fütterten ihn freundlich, bis er schließlich an Altersschwäche starb; die Leute begruben ihn ehrenvoll.
Die Liebe ist halt unwiderstehlich, bei Tieren, aber normalerweise auch bei Menschen.

 

Franz war ebenfalls ein Mann des Friedens. Es ist sogar ein Friedensgebet von Franz von Assisi überliefert, von dem ich nur den Anfang wiedergeben möchte:
Oh Herr, mache mich zu einem Werkzeug Deines Friedens. Dass ich Liebe übe, da wo man mich hasst; dass ich verzeihe, da wo man mich beleidigt; dass ich verbinde, da wo Streit ist; dass ich die Wahrheit sage, da wo Irrtum herrscht; dass ich den Glauben bringe, wo Zweifel ist; dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält; dass ich Dein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert; dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt….

 

Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.
Quelle: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Predigten von Dr. Alfred Bienengräber. o. Jahr.

So hat Franz von Assisi sicherlich die von Origenes genannten Trauben der Freude, der Liebe und des Friedens gebracht, und sicher noch einige Früchte mehr.

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

der Gutsbesitzer im heutigen Evangelium verpachtet seinen Weinberg und will natürlich irgendwann Früchte von den Arbeitern abholen.

 

Der Weinberg ist die Kirche,

in der wir mit unseren je eigenen Talenten und Fähigkeiten arbeiten.

 

 

Helfe uns Gott, dass wir unsere Fähigkeiten gut nützen

und IHM gute Früchte abliefern.

(Foto: mauritius images Ingo Boelter. Postkarte SKOWRONSKi & KOCH Verlag GmbH)
(Foto: mauritius images Ingo Boelter. Postkarte SKOWRONSKi & KOCH Verlag GmbH)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 23. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

im Evangelium hörten wir eben von der Notwendigkeit einer brüderlichen bzw. geschwisterlichen Zurechtweisung. Andere auf Fehler in Liebe aufmerksam zu machen, ist nicht einfach, gehört aber zu den sieben geistigen Werken der Barmherzigkeit.

https://bundesverband-lebensrecht.de/marsch-fuer-das-leben/#av_section_1
https://bundesverband-lebensrecht.de/marsch-fuer-das-leben/#av_section_1

So etwas Ähnliches passiert auch beim Marsch für das Leben, der am kommenden Samstag wieder stattfindet und bei dem auf Unrecht aufmerksam gemacht wird, nämlich auf Verstöße gegen das Recht auf Leben.

 

Dieser Marsch wird von der katholischen Kirche und vielen einzelnen evangelischen Kirchengemeinden unterstützt. Auch Bischöfe und der Papst unterstützen ihn vielfach durch Grußworte. Hier ein Auszug aus dem letzten Grußwort des Papstes zum Marsch für das Leben:
 
„Es ist unsere Pflicht, als Christen und Glieder der Gesellschaft aufzustehen, wenn das Recht auf Leben und die Würde des Menschen bedroht oder auf subtile Weise ausgehöhlt und untergraben werden… Ich erbitte Gottes reichen Segen für alle Teilnehmer.“

 

Genau das geschieht beim Marsch für das Leben: aufstehen, Präsenz zeigen und beten. Bei diesem Marsch spielen verschiedene Themen eine Rolle:

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Sterbehilfe und assistierter Suizid:

Im Februar 2020 erging ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Abwägung zwischen dem fundamentalen Schutzgut des Lebens auf der einen Seite und dem Selbstbestimmungsrecht bzw. der Autonomie des Menschen, seinen Sterbezeitpunkt selbst zu bestimmen, auf der anderen Seite. Das Bundesverfassungsgerichts bewertete in seinem von kirchlicher Seite viel kritisierten Urteil erstmals das Selbstbestimmungsrecht höher als das Schutzgut des Lebens.

Am 6. Juli 2023 hat sich der Bundestag auf keine konkrete gesetzliche Ausgestaltung dieses Grundsatzurteils einigen können – wir hatten auch darum gebetet.
 
Aber selbst, wenn es künftig ein Recht auf Selbsttötung geben sollte, was nicht unwahrscheinlich ist, könnte ein solches Gesetz für Christen keine Relevanz haben, weil für uns das 5. Gebot: Du sollst nicht töten! gilt.

Das gilt auch für alte, kranke und nicht mehr leistungsfähige Menschen und ebenso für Ärzte. 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

 

Die Deutsche Bischofskonferenz hat es einmal schön formuliert:
 
Sterben in Würde zu ermöglichen, bedeutet aus christlicher Sicht, dass der Sterbende an der Hand eines Menschen stirbt und nicht durch sie.

 

Außerdem würde ein subtiler Druck auf alte, kranke und nicht mehr leistungsfähige Menschen entstehen, wenn sie sehen, dass sie ihren Angehörigen zur Last fallen, wenn sie doch auch ganz legal aus dem Leben scheiden könnten. Das darf nicht geschehen!

(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)
(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)
(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)
(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)

Außerdem beklagen sich jetzt schon Ärzte, dass sie bei der Sterbehilfe oder einem assistierten Selbstmord einen Akt vollziehen müssen, der ihrer Rolle nicht entspricht (Leben retten) und sie so ihre eigene Identität verlieren.

Die Glaubenskonkregation hat es im Juli 2020 als Replik auf des Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehr deutlich formuliert:
 
„Die Kirche hat definitiv festgestellt, dass die Sterbehilfe eine Verletzung des göttlichen Gesetzes und ein Verbrechen gegen das menschliche Leben ist. Dasselbe gilt für den assistierten Suizid.“

(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)
(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)

● Leihmutterschaft:

Ein weniger bekanntes Thema ist die Leihmutterschaft, die in der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten aus gutem Grund verboten ist, auch in Deutschland, nicht jedoch in allen. In den USA ist sie dagegen gängige Praxis.
 
Häufig lassen Prominente – aber nicht nur sie – ihre Kinder von fremden Müttern austragen, aus den verschiedensten Gründen, und dies zu einem Preis zwischen 40.000 und 65.000 $. Je mehr Geld fließt, desto schneller bekommen sie ihr Kind, bei 65.000 $ inklusive der Wahlmöglichkeiten des Geschlechts und anderer Eigenschaften. Das klingt wie im Horrorfilm, ist aber schon Realität auf unserer Erde.
 
Von den 65.000 $ kommen dabei nur ca. 8.000 $ bei der Leihmutter ankommen. Vor dem Krieg war die Ukraine ein Hotspot des Geschäfts mit Leihmutterschaft.

Ein Bischof hat mal gesagt: „Leihmutterschaft beruht auf Instrumentalisierung und Ausbeutung armer Frauen durch reiche Paare sowie auf der Missachtung der Würde des Kindes.“

Niemand hat ein Recht auf ein Kind! Man kann Kinder nicht kaufen. Jedes Kind ist ein Geschenk Gottes.
 
Und damit das in Deutschland so bleibt, wird beim Marsch für das Leben auf die Straße gegangen.

(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)
(Foto: Deutsches Hygienemuseum Dresden)

Das ursprünglichste Thema des Marsches für das Leben sind Abtreibungen, angesichts von jährlich ca. 46-73 Millionen Abtreibungen weltweit (die Zahlen schwanken, WHO: 73 Mio.) ein nach wie vor dringliches Anliegen.

Erhebungen haben ergeben, dass unabhängig von Religion und Kultur 97 % aller Menschen der Meinung sind, man dürfe keinen Menschen töten. Warum eigentlich nicht 100%, könnte man sich fragen. Aber schon die 97 % deuten auf die tiefe Verankerung des natürlichen Sittengesetzes im Herzen der Menschen hin.
 
Aber: Dieser Konsens zerbricht beim Thema Abtreibung, bei dem ungefähr die Hälfte der Menschheit der Meinung ist, sie solle erlaubt sein. Wieso eigentlich?
 
Und zwar deswegen, weil das Bewusstsein verdunkelt ist, dass der ungeborene Mensch ein Mensch ist, und zwar ab der Zeugung.
 
Christliche Philosophen, Ärzte und Theologen sind sich einig:

Ein Embryo entwickelt sich nicht zum Menschen, sondern als Mensch.“

Die Philosophie begründet das mit dem Prinzip der Potentialität, dass aus dem ungeborenen Menschen ein Mensch geboren werden kann.

(Deutsches Hygienemuseum Dresden)
(Deutsches Hygienemuseum Dresden)

Die Entwicklung der Gesetzgebung hinsichtlich von Abtreibungen ist besorgniserregend:
 
Seit 1976 sind Abtreibungen in Deutschland unter bestimmten Bedingungen straffrei, aber nach wie vor rechtswidrig.
 
Im Juli 2022 wurde das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen in Deutschland aufgehoben und besonders auf europäischer Ebene gibt es aktuell massive Forderungen, dass Abtreibung ein Grundrecht werden soll.

Doch selbst, wenn es so kommen sollte, kann auch dies für Christen keine Relevanz haben, da natürlich auch hier das 5. Gebot gilt: Du sollst nicht töten!
 
Keine Mehrheit kann Böses in Gutes verwandeln.
 Papst Benedikt
hat zu dieser Thematik einmal gesagt: Abtreibung kann kein Menschenrecht sein – sie ist das Gegenteil davon, eine tiefe soziale Wunde.

Auch hier sind immer weniger Ärzte bereit, Abtreibungen vorzunehmen, da sie nicht ihrer Rolle entspricht, Leben zu retten. Nun ist es im Gespräch, angehende Ärzte zur Durchführung von Abtreibungen zu zwingen, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.

Gerade Lebensschutzorganisationen verurteilen dabei niemanden, der abgetrieben hat. Meines Wissen kümmern sie sich (fast als einzige) um Frauen nach Abtreibungen, wenn sie psychische Probleme wie Depressionen oder eine erhöhte Suizidneigung entwickeln.

Einen interessanten Gedanken steuerte vor einigen Wochen Bischof Bertram Meier von Augsburg bei:
 
Wir reden uns die Köpfe heiß über Heizungsgesetze, Verbrennungsmotoren bei Autos und Klimaneutralität, aber eine viel wichtigere Frage lässt uns scheinbar kalt: Welches Klima herrscht im Blick auf das menschliche Leben vom Anfang bis zum Ende, von der Zeugung bis zum natürlichen Tod.

Klimaschutz ist wichtig und die Bewahrung der Schöpfung ein christliches Anliegen. Aber mindestens ebenso wichtig ist der Schutz des menschlichen Lebens. Und noch darüber an 1. Stelle (wobei alles zusammen gehört) Gott die Ehre zu geben!
 Meine Überzeugung ist es, dass, wenn wir Gott die Ehre geben und das menschliche Leben schützen, uns
Gott helfen wird, auch alle anderen Probleme zu lösen.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, ich gehe deshalb mit beim Marsch für das Leben, weil mir all diese Anliegen des Lebensschutzes wichtig sind. Wer ebenfalls auf diese Weise für den Lebensschutz eintreten will, ist herzlich dazu eingeladen.

(Bild: privat)
(Bild: privat)
(Bilder: privat)
(Bilder: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 22. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

im Evangelium hörten wir soeben, wie Jesus seinen Jüngern ankündigt, dass Er „nach Jerusalem gehen und vieles erleiden müsse und Er werde getötet werden.“

Die Reaktion des Petrus darauf war, dass er „Jesus beiseite nahm und begann, ihn zurechtzuweisen, und sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“

 

Diese Reaktion des Petrus ist ambivalent:
- Zum einen ist sie verständlich. Er will Unheil von Jesus abwenden und fühlt sich für das Heil von Jesus verantwortlich, gerade nach den Worten Jesu, die wir am letzten Sonntag hörten: „Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen!“ Man kann sich gut vorstellen, wie Petrus mit stolzgeschwellter Brust durch die Gegend läuft.
- Andererseits grenzt die Reaktion des Petrus an Größenwahn: „Petrus nimmt Jesus beiseite und weist Ihn zurecht.“


Jesus ist der Sohn Gottes, also Gott, und wenn wir für Jesus „Gott“ einsetzen, dann klingt der Satz ganz anders: „Petrus nimmt Gott beiseite und weist Gott zurecht!“
Es ist, als ob Petrus es besser wüsste als Gott.

▪ Es ist aber eine typisch menschlich Reaktion, die wir sicher gut nachvollziehen können: das Zurückschrecken vor Kreuz, Leiden und Tod.

 

Die dann folgende Reaktion Jesu auf Petrus ist heftig:
„Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“
Viel heftiger könnte die Zurechtweisung des Petrus durch Jesus nicht ausfallen: Satan, Ärgernis…

 

Für Gott liegt Sinn im Leiden und Tod Jesu, was die Heftigkeit der Reaktion erklärt und wir kennen den Sinn: Durch den Kreuzestod hat Jesus den Tod besiegt für Sich und alle, die zu Ihm gehören.

 

Es geht weiter im Evangelium, wenn wir hören, dass das Kreuz nicht nur für Jesus notwendig und sinnvoll ist, sondern für alle, die Jesus folgen:
Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Und an der Stelle wird es für uns schwieriger.

▪ Man könnte fragen: Warum gibt es das Christsein nicht ohne das Kreuz? Das wäre doch viel schöner und angenehmer, ohne Leiden durchs Leben zu gehen und einfach an Jesus zu glauben.

Zunächst einmal:
Wenn man ein Kreuz zu tragen hat, sind Warum-Fragen nicht wirklich sinnvoll: Warum musste mir das zustoßen? Warum habe ich nicht diese oder jene Fähigkeit oder Eigenschaft, das würde alles viel einfacher machen?
Solche und ähnliche Fragen führen nur zum Grübeln und schließlich zu Frust.

Welchen Sinn könnte es denn nun haben, kreuztragend hinter Jesus herzugehen?

 

Die neue Bibelübersetzung lautet: Wenn einer hinter mir hergehen will…, während die alte Übersetzung noch hieß: wenn einer mir nachfolgen will…
Die neue Übersetzung ist die wörtliche Übersetzung und das Bild des Hinterhergehens ist durchaus interessant. Es ist häufig einfacher, hinterherzugehen, weil man sich dann nicht um Weg und Richtung kümmern muss und beim schnellen Gehen bzw. Laufen kann man sogar den Windschatten nutzen. Wir kennen das von Marathonläufern, Radfahrern und finden das auch in der Natur, wenn Vögel in bestimmten Formationen fliegen, um Kraft zu sparen.

Das Bild vom Hinterhergehen verdeutlicht, dass das Leben schwerer bzw. unnötig schwer wird, wenn wir Jesus nicht folgen, wenn wir nicht in seinem Windschatten unterwegs sind. Denn Kreuze warten ohnehin auch auf die, die Jesus nicht folgen.
Daher ist es die Hauptsache, hinter Jesus herzugehen, egal mit welchen Kreuzen, egal, welche Richtung.

▪ Vermutlich ist es ein Reifeprozess, den Sinn in eigenen Kreuzen zu entdecken: manchmal erkennt man ihn rückblickend, manchmal auch nicht. Manchmal sagt man sich, dass man daran gewachsen ist oder ist sogar stolz, durchgehalten zu haben. Manchmal erkennt man sogar, dass Jesus mitgetragen hat und in der Liebe zu Ihm gewachsen ist.

Es gibt Gläubige, die bei jeder Leiderfahrung sagen: Willkommen Jesus! weil sie sich auf dem richtigem Weg wissen gemäß dem Auftrag Jesu, sein Kreuz auf sich zu nehmen und Jesus zu folgen und evtl. auch zu erfahren, dass Jesus mitträgt.

● Vermutlich haben wir alle eine Ahnung, dass Kreuze, oder heruntergebrochen Unannehmlichkeiten, nicht nur sinnlos sind.

Die Psychologie lehrt uns, dass wer immer nur den 3 klassischen Bauchgefühlen folgt der Lustmaximierung, der Unlustvermeidung und dem Autonomie- bzw. Machtstreben, den bringt das auf lange Sicht nicht weiter – im Gegenteil! Er wird irgendwann sehr unzufrieden werden.
Wer aber auch mal Entbehrungen (kleine Kreuze) auf sich nimmt, Ausdauer und Fleiß zeigt, auch dort, wo es gerade keinen Spaß macht, der kommt oft in einen Bereich großer Zufriedenheit.

Und überhaupt wissen wir alle, dass es das höchste Gut, das ewige Leben, nicht ohne das Kreuz des Todes gibt, auf den dann die Auferstehung folgt.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, den Sinn im Kreuz und Tod Jesu zu sehen, ist nicht schwer. Es ist die Ursache unserer Erlösung. Einen Sinn in eigenen Kreuzen zu sehen ist schon viel schwieriger. Man soll bei Kreuzen nicht nach dem Warum fragen, manchmal erkennt man rückblickend einen Sinn, manchmal auch nicht.
In der Nachfolge Jesu bleiben uns Kreuze auf keinen Fall erspart und vielleicht sind sie tatsächlich Zeichen, mit Jesus auf einem guten Weg zu sein!

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

 

Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

Jesus hat viele Menschen geheilt, Aussätzige, Blinde, die nachher wieder sehen konnten, Lahme, die wieder laufen konnten, Taubstumme, die wieder hören und sprechen konnten usw.
Deshalb wurde Er auch Wunderheiler genannt, oder schlicht „Heiland“.

Im heutigen Evangelium begegnet uns Jesus als Heiler, der Leib und Seele gesund machen kann, nämlich bei einer Dämonenaustreibung.
Im Matthäus-Evangelium hörten wir eben: Eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu Jesus und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.

„Hab Erbarmen mit mir, Herr!“ Auf Griechisch heißt das: „Kyrie eleison!“, also „Herr, erbarme Dich!“
Das beten wir in jeder Heiligen Messe und das deutet schon an, dass wir alle uns in dieser Frau erkennen dürfen.

Wer ist diese Frau nun?
Sie ist Kanaanäerin, aber streng genommen gab es z.Z. Jesu diesen Volksstamm nicht mehr. Die Kanaanäer waren die Ureinwohner des Heiligen Landes vor der Landnahme durch die Israeliten. Die Kanaanäer galten als moralisch, religiös und menschlich heruntergekommen. Sie brachten Menschenopfer dar und auch die kultische Prostitution gehörte zu ihrer Religiosität. Das Volk Israel empörte sich über sie und sagte: Die Götter der Kanaanäer sind Dämonen!
Wenn Matthäus diese Frau Kanaanäerin nennt, dann will er damit sagen, dass auch oder gerade in diesem heruntergekommenen Volk der Glaube aufbricht, Menschen zu Jesus finden und sich Kirche bildet.

 

Und es gibt sogar noch eine Steigerung:
Die Tochter der Kanaanäerin ist von einem Dämon besessen. Sie hat echte Probleme. Vielleicht hat sie sich wirklich mit dem Teufel eingelassen, vielleicht leidet sie unter Süchten, Ängsten o.ä. Zumindest ist sie innerlich angegriffen und droht zerstört zu werden.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Zum Glück hat sie eine Mutter, die Jesus hartnäckig um Heilung ihrer Tochter bittet. Zunächst wurde sie abgewiesen, als Jesus zu ihr sagte,

dass Er nur zu den Juden gesandt sei.


Sie aber antwortet darauf,

dass selbst die Hunde von den Brotkrumen bekommen,

die vom Tisch ihrer Herren fallen.


Das ist zugleich demütig und schlagfertig von dieser Frau.
Jesus ist beeindruckt von dieser Antwort und schenkt ihrer Tochter die Heilung.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Wenn wir nun in der Messfeier Kyrie eleison – Herr erbarme dich beten, dann dürfen wir alles, was uns (und in Analogie zum Evangelium unsere Mitmenschen) bedrängt und belastet, vor den Herrn bringen, im gleichen Glauben, mit gleicher Hartnäckigkeit und in gleicher Demut wie diese Frau.

 

● Menschen, die ganz unten angekommen sind, die alle Hoffnung nur noch auf Gott setzen, die existenziell zu Gott schreien, scheinen Gott sehr lieb zu sein.

 

Es gibt viele Heilige, die am Boden zerstört waren, dann aber zu Gott fanden und Ihn im Anschluss umso leidenschaftlicher liebten.
Ein Beispiel dafür ist Matt Talbot, der vielleicht gar nicht so bekannt ist:

 

Matt Talbot wurde 1856 als 2. von 12 Kindern in Dublin/Irland geboren. Er ging kaum zur Schule, musste früh Geld verdienen und arbeitete bei Wein- und Whiskeyhändlern. Schon mit 13 Jahren war er dem Alkohol völlig verfallen.
Und wie es so ist bei Suchtkranken, häufte er Schulden an und beging Diebstähle. Irgendwann war er von allen verachtet, selbst von seinen Saufkumpanen.
Als er 28 Jahre alt war, also noch 15 Jahren Alkoholkonsum, ging er in sich wie der Verlorene Sohn. Er legte ein Gelübde ab, nicht mehr zu trinken. Dazu ging er in eine Kirche zur Beichte. Der Priester riet ihm, erst einmal 3 Monate auf Alkohol zu verzichten. Dies war eine harte Zeit für ihn, er lenkte sich ab mit Spaziergängen, suchte Ruhe in Kirchen und las religiöse Literatur. Nachdem er 3 Monate durchgehalten hatte, verlängerte er sein Gelübde um 6 Monate und danach dann auf Lebenszeit.
Er übernahm in Häfen die härtesten Arbeiten, war stets hilfsbereit und gewann so die Achtung seiner Mitmenschen. Er trat sogar dem 3. Orden der Franziskaner bei, war ein großer Asket (schlief nur auf einem Holzbrett) und betete für seine Mitmenschen und alle Notleidenden. Kurz nach seinem Tod wurde ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet und schon kurze Zeit später wurde er vom Papst zum Ehrwürdigen Diener Gottes ernannt.
Matt Talbot ist ein Beispiel dafür, dass jemand aus tiefer Not zu Gott findet.

 

 

▪ So ähnlich geht es unzähligen Jugendlichen auf Fazendas (wie in Nauen) oder Cenacolos, die in großer Zahl durch Glauben, Gebet und Arbeit aus tiefsten Nöten und Süchten herauskommen und im Anschluss oft eine tiefe, leidenschaftliche Liebe zum Herrn haben, weil sie wissen, wem sie ihre Rettung zu verdanken haben.

 

 

Dafür steht auch die kanaanäische Frau und ihre von einem Dämon besessene Tochter.

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, wenn diese Frau Kyrie eleison ruft, dann ist sie damit Vorbild für uns alle. Auch wir sollen mit Glauben, Hartnäckigkeit und Demut die Nöte von uns, unseren Familienangehörigen, Mitmenschen und der Welt vor den Herrn bringen. Denn Er ist der Heiland der Welt. Er ist der Einzige, der aus allen Nöten retten kann.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 15. Sonntag im Jahreskreis A

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

in der ersten Lesung aus dem Buch Jesaja hörten wir: (So spricht der Herr:)… Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, ohne die Erde zu tränken und sie zum Keimen und Sprossen zu bringen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Das Wort von Gott ist machtvoll, es bewirkt, was Gott will.
Das ist nichts Neues, sondern begegnet uns u.a. schon im Schöpfungsbericht im Buch Genesis, dem ersten Buch der Bibel, wenn es heißt: Gott sprach: Es werde Licht, und es wurde Licht.
Nach dem gleichen Schema handelt Gott an jedem der sechs Schöpfungstage, auf Sein Wort hin entsteht die Schöpfung.

 

Wir Menschen sind Abbilder Gottes, und deshalb sind unsere Worte auch machtvoll, wenn auch etwas abgeschwächt im Vergleich zu Gottes Wort.

 

Ein Beispiel:
Wenn ich sage, dass ich einen roten Punkt auf ein weißes Blatt Papier male und es auch tue und dann den Leuten das Blatt Papier zeige und frage, was sie sehen, so antworten fast alle: „Einen roten Punkt!“ Tatsächlich sehen sie aber eine zu 99% weiße Fläche. Worte haben Macht, sie fokussieren den Blick.

 

Das war nun ein eher neutrales Beispiel. Es gibt dies auch in positiver und negativer Färbung:

 

Zunächst zur positiven Macht der Worte:
Wenn z.B. Eltern ihr Kind loben für ein gemaltes Bild, eine gute Mathearbeit, einen guten Aufsatz, eine gute sportliche Leistung o.ä., dann ist dies eine riesige Freude und Ermutigung für das Kind. Es wird seine Talente gerne weiter ausbauen, und später vielleicht mal in diesem Bereich beruflich tätig sein.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Das gibt es auch in negativer Weise:
Wenn Eltern ihr Kind entmutigen und z.B. sagen: „Du wirst nie gut malen oder rechnen… können.“, dann wird das Kind in diesem Bereich sein Interesse verlieren, unabhängig davon, ob es tatsächlich talentiert oder untalentiert ist.

 

Oder wenn ein Arbeitskollege über jemand anderes sagt: „Ist dir schon aufgefallen, dass diese Person alles sehr langsam macht und sehr träge ist.“ Und auf einmal fängt man an, diese Person mit anderen Augen zu sehen. Auf einmal fällt einem auf, dass diese Person immer etwas spät kommt und etwas früh in die Kaffeepause geht. Auf einmal sieht man den roten Punkt, wo man vorher die weiße Fläche gesehen hat. Das ist die Macht der Worte.
Wenn man etwas Schlechtes über jemand anderes gehört hat, dann schaffen es die wenigsten Menschen, vorurteilsfrei und ohne Vorbehalte diesem gegenüber zu treten. Da müsste man schon eine sehr starke Persönlichkeit sein, die nur ihrem eigenem Urteil vertraut.

Wir sehen: Nicht nur Gott kann sagen: Mein Wort bewirkt, was ich will., sondern auch der Mensch hat Macht durch Sprechen und Worte, im Guten, im Schlechten und im Neutralen (Fokus).

 

● Über wen und zu wem sprechen wir die meisten Worte?
Tatsächlich zu uns selbst, ob wir dies nun Selbstgespräche oder Denken nennen, sei mal dahingestellt. Aber dies ist manchmal ein Problem!

 

Vermutlich kennen wir dies so oder so ähnlich alle, dass man morgens aufsteht und denkt:

„Oh Mann, sehe ich heute wieder schrecklich aus.“
Dann mache ich den Kühlschrank auf und denke:

„Wenn ich heute wieder so viel esse wie gestern, werde ich wirklich fett.“
Und abends denke ich: „Ich muss jetzt einschlafen, sonst bin ich morgen müde.“

 

Die ganze Zeit läuft in uns selbst ein Film ab, ein Kopfkino, das ist einfach so. Wir reden jeden Tag tausende Worte zu uns, aber zumindest einiges davon ist destruktiv oder Lüge, und hat dennoch Macht.

 

Man sollte auch falsche Prophezeiungen meiden:
Wenn jemand Stress, Ärger oder viel Arbeit hat, hört man bisweilen:
„Das bringt mich noch ins Grab.“, „Das macht mich kaputt.“, „Ich dreh durch.“
Worte haben Macht – auch nur gedachte Worte.

 

Es gibt auch andere destruktive Lügen, die man nie denken, sich nie sagen sollte, wie z.B.:
„Du hast schon zu viel gesündigt, als dass Gott dich noch lieben könnte.“, „Du siehst nicht gut genug aus.“, „Du bist nicht liebenswert.“, „Du bist zu dumm.“, „Du bist nicht gut genug!“ oder ähnliches.
Das sind Worte der Lüge. Wenn wir sie glauben, geben wir ihnen Macht.

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Was kann man nun tun, wenn man ab und zu solche falschen Dinge über sich denkt?
Ein Weg zumindest ist, diese Lügen zu entlarven durch das Wort Gottes, das ich so oder so ähnlich in der Bibel finde:
„Ich bin Gottes geliebtes Kind.“, „Immer kann ich umkehren zu Gott.“, „Meine Würde und Ehre habe ich von Gott und deshalb bin ich gut genug.“ oder ähnliches.

 

● Großes Thema besonders der Fastenzeit ist die Umkehr. Das griechische Wort dafür heißt „Metanoia“. Meta bedeutet „herum“ und noia kommt von nous, was „Denken“ bedeutet. „Kehrt um!“ heißt also: „Ändere dein Denken!“ Das heißt Umkehr.

 

Wenn sich mein Denken (und meine Worte) ändern, dann erst ändert sich wirklich etwas in meinem Leben. Oft braucht es Jahre, schlechte Gedankenmuster zu verändern. Das ist aber der einzige Weg zu echter Veränderung.

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, Gott herrscht durch Worte und der Mensch auch, gegenüber anderen Menschen und auch über sich selbst durchs Denken. Viele Probleme kommen durchs Denken und Sprechen, aber viele Lösungen kommen auch durchs Denken und Sprechen.
Es gibt nichts, das unser Denken so sehr heilt wie das Wort Gottes.

 

(Quelle im Bild)
(Quelle im Bild)

Vikar Markus Hartung

 

Predigt zum 14. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

der erste Satz des eben gehörten Evangeliums lautete:


„In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.“

 

Was ist dieses „all das“?
Da hilft ein Blick in den Kontext dieser Bibelstelle. Direkt vor dieser Aussage sagt Jesus nämlich: „Weh dir Chorazin, weh dir Betsaida! Wenn einst in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind – man hätte dort in Sack und Asche Buße getan.“

 

Jesus klagt über die Städte Chorazin und Betsaida, in denen Er viele Wunder gewirkt hat, z.B. ist er, als die Jünger mit dem Boot über den See Genezareth nach Betsaida fuhren, über das Wasser dorthin gegangen. Er hat dort einen Blinden geheilt und auch die Speisung der 5000 Männer fand in der Nähe von Betsaida statt.

 

Und trotz all dieser Wunder bekehrten sich dort viele Menschen nicht zu Jesus, sie glaubten Ihm trotzdem nicht, interessanterweise die Gescheiten, die Weisen und Klugen. Vielleicht fragten sie sich: Welchen Trick hat Jesus beim Gang über das Wasser genutzt? War der Blinde überhaupt blind? Sind die 5000 Männer und Frauen und Kinder dazu wirklich satt geworden?
Irgendwie halten sie Wunder für unmöglich und ebenso, dass jemand der Sohn Gottes ist und Wunder wirken kann.
Diesen Weisen und Klugen blieben die Wunder (und was daraus folgt) verborgen.
Die schlichten Gemüter dagegen, die Unmündigen im Sinne Jesu, nehmen die Wunder als das, was sie sind: Wunder!
Sie sind fasziniert von Jesus, sie glauben IHM und bekehren sich.

Deshalb kann Jesus sprechen: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast.“

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Heute ist dies ganz ähnlich: Wunder erzeugen auch heute nicht Glauben, zumindest nicht zwangsläufig, weder die biblischen Wunder Jesu, noch die modernen Wunder wie das Grabtuch von Turin, die vielfältigen Eucharistiewunder (Carlo Acutis hat sie zusammengestellt), oder der Umhang von Juan Diego bei der Marienerscheinung von Guadalupe, alles Dinge, die wissenschaftlich unergründlich sind.

 

Ich bin gerne so ein Unmündiger im Sinn Jesu, ein schlichtes Gemüt, der die Wunder, der Bibel und Jesus einfach glaubt!

 

● Der Glaube ist wirklich wichtig. Man kann es vergleichen mit einem Liebesbrief (sofern es heute noch so etwas gibt):
Wenn ein Junge einen Liebesbrief von einem Mädchen bekommt, das schreibt, dass sie ihn liebt und fragt, ob er mit ihr gehen will, und er dann erst lange überlegt, ob sie das ehrlich meint oder ihn auf den Arm nehmen will, dann wird er höchstwahrscheinlich nicht mit Liebe antworten.
Wenn er aber einfach glaubt, dass sie ihn wirklich liebt, dann wird ihn das verändern und er wird vermutlich mit Liebe antworten. Dann ist er ein Unmündiger im Sinne Jesu.

 

▪ Ein echter Unmündiger ist auf jeden Fall ein kleines Kind bzw. ein Säugling. Es nimmt die Liebe der Eltern einfach an und denkt nicht lange darüber nach: Lieben die mich wirklich? Oder füttern mich meine Eltern nur, damit ich sie im Alter versorge?
Kleine Kinder sind arglos, Unmündige im Sinne Jesu.

 

● Jesus preist seinen himmlischen Vater, den Herrn des Himmels und der Erde, für diese Unmündigen, die voll Vertrauen, Glauben und Liebe sind.
Sie lassen sich beschenken mit Liebe, und antworten selbst mit Liebe.

 

Mutter Teresa sagte schon: „Das Bewusstsein, von Gott geliebt zu sein, ist der Anfang und das Fundament der Heiligkeit.“

 

● Damit ist keinesfalls eine Abwertung der Klugheit verbunden. Es gibt zahlreiche Kirchenlehrer, die überaus gescheit waren und gleichzeitig voller Liebe und offen für Jesus, z.B. Albertus Magnus, der letzte Universalgelehrte, Thomas von Aquin und viele andere. Ich möchte auch den jüngst verstorbenen Joseph Ratzinger mit dazu nehmen. Er war zweifellos blitzgescheit und doch hatte er einen kindlichen Glauben. Trotz aller Klugheit war er doch auch ein Unmündiger im Sinne Jesu.

(Bild: privat)
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Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

die heutigen Texte sind eine Einladung,

Unmündige im Sinne Jesu zu sein,

oder eben auch schlichte Gemüter, der Liebe Gottes und Seiner Macht zu glauben.

 

Das wünsche ich uns allen:

dass wir immer mehr Unmündige im Sinne Jesu werden!

(Bild: privat)
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Vikar Markus Hartung

 

Predigt zum 11. Sonntag im Jahreskreis

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

in allen drei Lesungen, die wir heute hörten, ist Gott derjenige, der aktiv ist.
In der ersten Lesung aus dem Buch Exodus hörten wir, dass Gott Israel - wie auf Adlerflügeln - aus Ägypten befreit hat.
In der zweiten Lesung aus dem Römerbrief hörten wir:

Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren.

 

 Und gerade im Matthäusevangelium hieß es: Jesus hatte Mitleid mit den vielen Menschen, die müde und erschöpft waren…Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.

 

Immer geht die Initiative von Gott aus. Mose war lediglich Werkzeug Gottes bei der Befreiung Israels aus Ägypten, und auch Jesus hat aus eigener Initiative den Tod für uns auf Sich genommen.

Auch die Auswahl der 12 Apostel, von der wir im Evangelium hörten, geschah allein auf Initiative Jesu. Er suchte Menschen mit Stärken und Schwächen aus:
Petrus, der Jesus verleugnete, Matthäus, den Zöllner und Betrüger, den Zweifler Thomas, die aufbrausenden Donnersöhne Jakobus und Johannes und sogar Judas Iskariot, der Jesus später verriet.

 

Wenn Gott an Menschen handelt, ohne dass sie sich dies verdient hätten oder auch nur hätten verdienen können, dann nennen wir dies Gnade. Gott handelt gnädig und die Gnade Gottes ist keineswegs die unwichtigste Eigenschaft Gottes.

 

● Wir hören sonntags diese oder ähnliche Lesungen, um uns Gottes Handeln in Erinnerung zu rufen. Und weil Gott ewig ist und sich nicht ändert, heute immer noch so empfindet und sogar handelt wie früher, wissen wir, dass Gott auch heute noch gnädig ist.

 

Und da können wir uns fragen: Wie viel haben wir schon durch Gottes Gnade bekommen? Sicherlich viel Irdisches, das wir häufig für selbstverständlich erachten, was es aber nicht ist. Aber sicher auch viel Geistliches, angefangen bei der Taufe.
In der Taufe sind wir zu Kindern Gottes geworden, können zu Gott Papa sagen und sind aufs Innerste verbunden mit Jesus. Fast alle von uns sind als Kinder getauft, keiner konnte sich vordrängen. Es war einfach Gnade bzw. Geschenk, in eine Familie hineingeboren zu werden, in der ich getauft wurde.
In der Eucharistie kommt Gott zu uns und sogar in uns hinein. Wie viel Liebe haben wir dadurch schon empfangen? Haben wir es uns verdient? Nein, es ist reines Geschenk oder eben auch Gnade.
Ebenso verhält es sich mit den anderen Sakramenten, die wir eventuell empfangen haben: Beichte, Firmung, Ehe – es sind alles Geschenke.

 

Eine kurze Geschichte zur Gnade möchte ich Ihnen zu Gehör bringen:
Wenn ein Stück rohes Eisen, das noch ungebraucht in der Schmiede herumliegt, denken und reden könnte, würde es vielleicht sagen: „Ich bin schwarz, ich bin kalt, ich bin hart!“, und es ist vollkommen wahr. Wenn das Eisen jedoch ins Feuer gelegt wird und man geduldig ein wenig wartet, bis das Feuer seine Macht an ihm erwiesen hat, dann würde es, wenn es reden könnte, wohl verwundert sagen: „Die Schwärze, die Kälte, die Härte sind weg! Ich bin völlig verändert. Nun bin ich rot statt schwarz, glühend statt kalt, biegsam statt hart. Nun bin ich brauchbar geworden für meine Bestimmung!“
So ähnlich wie das Feuer am Eisen wirkt sich Gottes Gnade an uns aus, selbst wenn wir es nicht immer bewusst wahrnehmen.

 

● Was ist unsere Antwort auf die Gnade Gottes, auf Gottes Wirken an uns?

 

Würde sich das Eisen selber rühmen? Nein, es würde sich des Feuers rühmen. Und wie das Eisen sich des Feuers rühmt, so soll der Mensch, der von Gott und Seinem Feuer, Seiner Gnade und Liebe berührt wird, sich Gottes rühmen. Das ist vermutlich die wichtigste Antwort auf alle Gnadengeschenke.

 

Im Antwortpsalm auf die Exodus-Lesung hieß es:
Dient dem Herrn mit Freude! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel!
Wir sollen uns freuen über Gnade Gottes und mit Jubel zu Ihm kommen.
Ganz ähnlich hieß es in der zweiten Lesung aus dem Römerbrief: Ebenso rühmen wir uns Gottes durch Jesus Christus, unseren Herrn, durch den wir jetzt schon die Versöhnung empfangen haben.

 

Die beste Antwort auf Gottes Gnade ist die Freude darüber und das Lob Gottes dafür. Das ist die Art der Mitwirkung mit Gottes Gnade, die vermutlich Augustinus im Sinn hatte, der einst gesagt hat: „Gott hat uns erschaffen ohne uns, er wollte uns aber nicht retten ohne uns.“ Unsere Antwort auf die Gnade Gottes liegt im Danke sagen und im Lobpreis Gottes.

 

▪ Der letzte Satz des Evangeliums lautet: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.
Die Gnade und die daraus resultierende Freude sollen wir nicht für uns behalten, sondern weitergeben an andere. Es ist vergleichbar mit einer Wasserrinne: die behält das Wasser auch nicht für sich, sondern leitet es weiter. So soll es auch bei uns sein. Alle Geschenke, Gnaden und Freuden sollen wir weitergeben an andere.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, Gott ist immer der Ersthandelnde, am Volk Israel beim Auszug aus Ägypten, beim Erlösertod Jesu am Kreuz, bei der Taufe, der Eucharistie und allen Sakramenten. Wir können Gott gar nicht genug dafür danken!

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

 

Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

nach der Auferstehung Jesu, seiner Himmelfahrt und der Geistsendung zu Pfingsten feiern wir heute die Dreifaltigkeit Gottes.

 

Wir müssen demütig bekennen, dass ein umfassendes Verständnis der Dreifaltigkeit für uns Menschen nicht möglich ist. Wenn wir Gott vollumfänglich verstehen würden, wären wir auf Seiner Ebene, und das sind wir nicht.

 

Dass die drei göttlichen Personen ein Gott sind, bleibt ein Geheimnis, wie wir es auch nachlesen können im Kompendium des Katechismus: „Das innerste Wesen als heilige Dreifaltigkeit stellt ein Geheimnis dar, das der menschlichen Vernunft allein nicht zugänglich ist.“

 

Was ist der Unterschied zwischen einem Geheimnis und einem Rätsel?

Wenn man ein Rätsel gelöst hat, verliert es seinen Reiz. Ein gelöstes Kreuzwort-Rätsel legt man in die Ecke und schaut es normalerweise nie mehr an.

Beim Geheimnis ist es anders: Je mehr man es versteht, desto tiefer zieht es einen hinein in die Faszination.

Es gibt auch anderweitig Geheimnisse, manchmal auch ungelöste Rätsel, z.B. in der Physik. So ist der Dualismus des Lichtes meines Wissens bis heute nicht erklärt, warum das Licht manchmal Wellen- und manchmal Teilchencharakter zeigt.

 

Auf jeden Fall ist es gut, dass Gott Geheimnis bleibt. Das führt nicht nur zur tieferen Faszination, sondern auch zu Demut, einen Gott über uns anzuerkennen, der unser Hirte ist und uns die Richtung vorgibt.

 

Das Dreifaltigkeitsfest erhebt auch nicht den Anspruch, das Glaubensgeheimnis der Dreifaltigkeit zu erklären, sondern es mit Lobpreis zu feiern.

 

● Was ist das Geheimnis bzw. was ist unverständlich an der Dreifaltigkeit?

Es ist der Umstand, wie drei unterschiedliche Personen so verbunden sein können, dass sie eins sind? Alle drei göttlichen Personen sind eigenständig denkend und handelnd, dabei aber wesensgleich und untrennbar, so dass Jesus sagen kann: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“

(Joh 14,9)

 

Dazu gibt es keine irdische Analogie:

- Vielleicht kommt die Familie dem noch am nächsten, aber auch in der Familie kann niemand sagen: Wer mich sieht, sieht Vater/Mutter/Bruder/Schwester usw. Außerdem sind Familien nicht untrennbar, was leider viel zu oft erfahren wird.

- Ein anderer Versuch, den 1 Gott in 3 Personen zu erklären, geschieht mit einem Bild, das ich auch noch nicht allzu lange kenne:

Der Vater ist die Sonne, der Sohn die Sonnenstrahlen und der Heilige Geist ist entstehende Wärme. Das macht Sinn, weil so wie die Strahlen aus der Sonne hervorgehen, der Sohn aus dem Vater hervorgeht, und so wie die Wärme durch Sonne und Sonnenstrahlen entsteht, so geht der Heilige Geist aus dem Vater und dem Sohn hervor. Das ist ein recht intelligenter Vergleich, weil die Hervorgänge richtig dargestellt sind, allerdings ist der Aspekt der Einheit etwas schwächer als z.B. beim simplen Vergleich mit einem Dreieck, einer geometrischen Figur mit drei Seiten.

 

● Es ist dem Menschen eigen, über Geheimnisse nachzudenken und tatsächlich sollte man nicht aufgeben. Das Verständnis kann wachsen, sogar ein Leben lang und vermutlich sprunghaft über den Tod hinaus. So sagte Jesus vor seiner Himmelfahrt (Joh 16) : Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.

Sie können es jetzt nicht tragen und verstehen, später vielleicht schon.

 

Es gibt auch andere irdische Dinge, die können wir in einer Lebensphase besser tragen als in anderen. So soll der Jesuitenpater Karl Rahner mal gesagt haben: „Wenn ich vor dem Eintritt in den Jesuitenorden gewusst hätte, was mich dort erwartet, hätten mich keine 10 Pferde dort hineingebracht. Aber nun im Alter bringen mich keine 100 Pferde mehr heraus.“

Zuerst wäre er zurückgeschreckt, wenn er um die Zustände im Jesuitenorden gewusst hätte, später war er doch dankbar, auch darüber, dass er nicht sofort ein umfängliches Wissen darüber hatte.

 

Im gleichen Sinn sagte einmal Teresa von Avila: „Der Herr gleicht sich der Seele an.“ und: „Gott tut der Seele keine Gewalt an.“

Gott überfordert weder Seele noch Verstand und es scheint einfach nicht notwendig zu sein, die Dreifaltigkeit genau zu verstehen.

 

● Nun ist es aber auch nicht so, dass wir gar nichts verstehen von der Dreifaltigkeit. Das aber, das wir verstehen, ist durchaus wichtig und hat für uns Vorbildcharakter, weil der Mensch geschaffen ist als Abbild des dreifaltigen Gottes.

 

Und wir wissen, dass die Dreifaltigkeit eine untrennbare Einheit bildet. Und da „Gott die Liebe ist“ (1 Joh 4,16) und die Liebe zur Einheit strebt, ist die Liebe in Gott so stark, dass der dreifaltige Gott untrennbar ist.

 

Und zu beidem ruft Jesus uns auf: zur Liebe, welches das Hauptgebot ist, und zur Einheit: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein…“ (Joh 17)

 

Je mehr wir lieben, desto größer ist die Einheit und der Friede. Wie weit die Menschheit davon entfernt ist, zeigt im Extremfall jeder Krieg.

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, für die Dreifaltigkeit gibt es durchaus gute Erklärungsversuche, im letzten aber bleibt sie ein Geheimnis. Und das ist sogar gut, weil es die Faszination Gottes vertieft. Was wir aber wissen über die Dreifaltigkeit, ist für uns relevant und hat Vorbildcharakter: das Streben nach Liebe und Einheit!

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

 

Pfingstpredigt

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

Pfingsten scheint im allgemeinen Empfinden im Vergleich zu Weihnachten und Ostern eher zweit- oder sogar drittrangig zu sein.


Das zeigt sich schon bei den Vorbereitungszeiten:

auf Weihnachten bereiten wir uns durch den Advent vor, auf Ostern in der Fastenzeit, Pfingsten dagegen hat eher keine solche Zeit. Die Osterzeit wird zumindest nicht als solche betrachtet.
Zu Weihnachten gibt es Geschenke, an Ostern Süßigkeiten, Osterhasen oder -eier, aber zu Pfingsten gibt es meistens nichts.

 

Weihnachten und Ostern sind auch anschaulicher, sie haben Anknüpfungspunkte im Alltag. Die Geburt eines Kindes erlebt man gelegentlich, den Tod eines Menschen auch und die Auferstehung ist zumindest vorstellbar.
Pfingsten aber hat die Geistsendung zum Inhalt. Der Heilige Geist ist für viele Geist, also so etwas wie Luft, und somit läuft Pfingsten Gefahr, zur Luftnummer zu werden.

 

Allerdings zu Unrecht. Jesus verheißt uns im 14. Kapitel des Johannesevangeliums:

Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.
Der Heilige Geist ist also der Beistand, der bei uns bleibt, wir können auch sagen, der Heilige Geist ist die Art und Weise der Gegenwart Gottes unter uns.

 

Die eher punktuellen Ereignisse Weihnachten und Ostern sind Ermöglichungsbedingungen für die Geistsendung, der Heilige Geist ist der Ertrag, das Ergebnis von Menschwerdung, Erlösung am Kreuz und Auferstehung.

 

Den Heiligen Geist gab es gewiss schon vor Pfingsten, aber eher punktuell und sporadisch, wie wir in der Lesung aus dem Buch Ezechiel hörten, als die verdorrten Gebeine wieder mit Sehnen, Fleisch und Haut überzogen und lebendig wurden, durch das Wirken des Heiligen Geistes.
Nach Pfingsten allerdings ist der Heilige Geist für immer, sicher und zuverlässig für uns verfügbar.

 

In jeder heiligen Messe bewirkt der Heilige Geist die Gegenwart Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein. Im Hochgebet heißt es in der sog. Epiklese, der Herabrufung des Heiligen Geistes:

Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.

 

Aber auch im Alltag ist uns die Gegenwart des Heiligen Geistes zugesagt, da er – wie gesagt – der Beistand ist, der für immer bei euch bleiben soll.

 

Glauben wir an den Heiligen Geist in unserem Leben? Dann müsste eigentlich mehr Ruhe und Frieden in unser Herz einziehen.
Wenn wir ehrlich sind, plagen wir uns mit vielen Problemen und Sorgen über die Zustände in der Kirche, der Welt oder auch bei uns privat.

 

Alle Probleme sind aber immer nur 1 Aspekt. Wir sollen nicht darum herum kreisen wie auf einer Kreisbahn, sondern der Kreis soll zur Ellipse werden, deren 2. Brennpunkt der Heilige Geist bzw. die Hoffnung ist. Damit sind die Probleme nicht weg, wir können aber besser mit ihnen umgehen.
Der Spruch: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ stimmt natürlich nicht, sondern die Hoffnung bzw. der Heilige Geist stirbt nie!

 

● Der Heilige Geist führt uns durchs Leben trotz oder mitten durch unsere Probleme. Vielleicht kann man den Heiligen Geist mit einem Navigationsgerät vergleichen. Wenn wir ein Ziel eingeben, führt es uns zuverlässig hin. Und selbst, wenn wir mal falsch abbiegen, wird sofort ein neuer Weg berechnet. Vielleicht ist es dann nicht immer der optimale Weg, vielleicht ist auch ein steiniger Feldweg dabei oder eine kurvenreiche Strecke, vielleicht müssen wir auch mal umkehren, aber wir kommen an, solange das Ziel stimmt.

 

In unserem Leben ist das Ziel Gott, der Himmel bzw. das ewige Leben. Solange dieses Ziel stimmt, wird uns der Heilige Geist dorthin führen. Und wenn wir mal falsch abbiegen, wird auch unser Weg zum Himmel vom Heiliger Geist immer neu berechnet. Dabei können manche Wege durchaus hart, schwierig und herausfordernd sein, nicht selten werden wir auch umkehren müssen, aber Gott wird uns nie in einer endgültigen Sackgasse enden lassen, solange unser Ziel stimmt (wie beim echten Navi).

 

● Jetzt könnte man sich fragen: wo ist der Haken?
Wie fast immer im christlichen Leben ist auch hier die menschliche Mitwirkung gefragt.

 

Beim Navigationsgerät zeigt sich die Mitwirkung darin, dass wir aufs Navi hören und den Anweisungen folgen, wenigstens im Normalfall. Wenn jemand nie aufs Navi hört und immer nur falsch abbiegt, kann ihn das beste Navi nicht ans Ziel bringen.

 

Unser Navi durchs Leben ist der Heilige Geist. Wir hören auf Ihn, wenn wir das wichtigste Gebot halten, das Liebesgebot. So ähnlich heißt es in Johannes 14:
Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.

 

Je mehr wir Jesus lieben, desto sicherer gehen wir auf dem richtigen Weg, desto mehr ist der Heilige Geist unser sicherer Begleiter und nimmt Wohnung in uns.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, Pfingsten erscheint oft weniger bedeutend als Weihnachten und Ostern. Pfingsten ist irgendwie weniger greifbar und vertraut für den Menschen. Dabei ist Pfingsten das Ergebnis von Weihnachten und Ostern. Zu Pfingsten schickt uns Jesus den Beistand, den Heiligen Geist, der für immer bei uns bleiben soll, der uns wie ein Navi den Weg weist.
Und je mehr wir auf den Heiligen Geist hören, je mehr wir Jesus lieben, desto sicherer gehen wir auf dem richtigen Weg zu unserem ewigen Ziel.

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

 

Predigt zum 7. Ostersonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

wir sind in der Zeit zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Dazu passt hervorragend die erste Lesung aus der Apostelgeschichte, die sich vor ca. 2000 Jahren genau zwischen diesen beiden Ereignissen abspielte:

 

„Als Jesus in den Himmel aufgenommen worden war, kehrten die Apostel von dem Berg, der Ölberg genannt wird…nach Jerusalem zurück. Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben…Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet.

 

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Sie verharrten also einmütig im Gebet. Was werden die Apostel und die anderen Jünger wohl gebetet haben? Vermutlich werden sie viel still gebetet, im Herzen mit Jesus gesprochen haben. Sie haben aber gewiss auch in den Hl. Schriften gelesen, also im heutigen Alten Testament, weil dies Jesus auch wichtig war und Er oft daraus zitiert hat, z.B. die Psalmen. Nun beschreiben viele Psalmen einen Weg vom Suchen zum Finden bzw. vom Bitten zum Finden. Häufig beginnen sie mit irgendeiner Not oder Bedrängnis des Beters und im Laufe des Gebets folgt die Erfahrung der Erhörung und Errettung.

 

(Wenn jemand Gott sucht bzw. Hilfe bei Ihm, dann weiß er schon, dass er prinzipiell erhört werden kann. Blaise Pascal, ein Physiker und christlicher Philosoph, lässt Gott sagen: „Du würdest mich nicht suchen, wenn du mich nicht schon gefunden hättest.“

Es wendet sich nur jemand an Gott, der wenigstens schon eine leise Ahnung von Ihm hat, sonst täte er es nicht.)

 

▪ Nun gibt die Leseordnung der Kirche den Psalm 27 als Antwortpsalm auf die erste Lesung vor. Psalm 27 besteht aus 14 Versen, wovon wir allerdings nur vier hörten, nämlich die Verse 1, 4 und 7-8. Dieser Psalm 27 ist ein mögliches Gebet der Apostel und Jünger im Obergemach, zumindest kann man sich das sehr gut vorstellen. Dieser Psalm ist etwas verschieden von vielen anderen und seine Richtung geht eher vom Finden bzw. Gefundenhaben zum Suchen und Bitten.

 

Vers 1 beginnt folgendermaßen: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil: Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Zuflucht meines Lebens: Vor wem sollte mir bangen?“

 

Die Apostel hatten Jesus ja schon gefunden. Sie sind drei Jahre mit Ihm durchs Heilige Land gewandert. Daher können sie beten: Er ist ihr Licht und Heil, ihre Zuflucht und die Geborgenheit ihres Lebens.

 

 

Worum soll man dann noch bitten? Um einen Sieg über die Römer, Rettung aus Verfolgung, materielle Sicherheit? Nein! In der Geborgenheit bei Jesus bleiben zu dürfen, das ist ihre einzige Bitte! So heißt es auch in Vers 4: „Nur eines erbitte ich vom Herrn, danach verlangt mich: Im Haus des Herrn zu wohnen alle Tage meines Lebens; die Freundlichkeit des Herrn zu schauen und nachzusinnen in seinem Tempel.“

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Einmal in Gott geborgen können die Jünger nur noch bitten, dass es so bleibt, wie es ist. Das ist ihre einzige Bitte. Alles Äußere wird dagegen unwichtig, wenn man Gott erfahren hat. Zumindest wird alles andere dagegen unwichtiger. Der Reichtum, der durch Jesus vermittelt wird, ist größer und bedeutender als alle äußeren Umstände.

 

● Im Evangelium hörten wir das hohepriesterliche Gebet von Jesus. Darin unterscheidet Er Welt und Kirche. Welt meint also alle, die keine Jünger sind. Und für die Welt ist es ein unzugängliches Geheimnis, dieser Reichtum und Frieden, diese Geborgenheit bei Jesus. Nicht aber für die Apostel.

 

Gleichzeitig aber ist dieser Reichtum kein unverlierbarer Besitz. Selbst die Apostel könnten den Geschmack an Gott verlieren. Daher hören wir in Vers 7 die Bitte an Gott: „Höre, Herr, meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und gib mir Antwort!“ Das bedeutet so viel wie: Lass mich immer wieder die Nähe, die Geborgenheit, den Reichtum Jesu erfahren!

 

 

Und wie fast immer in der Hl. Schrift dürfen wir uns mit den Aposteln und ihrem Gebet (der Psalmen) mit angesprochen fühlen, also mit den Gebetsworten: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil“, mein Reichtum, meine Geborgenheit, mein Frieden." Und auch die Bitte können wir uns zu eigen machen: „Höre, Herr, meine Stimme, wenn ich rufe; sei mir gnädig und gib mir Antwort!“ Dieser Psalm beschreibt eher eine Bewegung vom Gefundenhaben zum Suchen und Bitten. Und so wünsche ich uns allen, dass wir wie die Apostel den Reichtum Jesu erfahren und Er uns – wie Ihnen – Antwort gibt!

Wurzel aus .....    (Bild: privat)
Wurzel aus ..... (Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

 

Predigt zu Christi Himmelfahrt

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

die lettische Schriftstellerin Senta Maurina, die von 1897 bis 1978 lebte, unterhielt ihre Leser nicht nur mit ihren Werken, sondern vermittelte auch Lebensweisheiten.

Dabei muss man wissen, dass sie während ihres ganzen Lebens auf einen Rollstuhl angewiesen war. Gleichzeitig war sie eine überzeugte Christin und sagte über sich selbst:

 

„Was hat mein Unglück, mein Leid zu sagen, wenn ich die Kraft habe, glücklich zu sein?“

 

Ein großartiges Statement. Sie unterscheidet klar zwischen äußeren Umständen und innerem Glück.

Und sie lässt sich ihr inneres Glück durch leidvolle Umstände nicht nehmen.

 

Sie hinterließ als Testament wertvolle Aufzeichnung. unter dem Titel:

 

Meine Wurzeln sind im Himmel!“

 

Das war das Geheimnis ihres Glücks und die Grundüberzeugung ihres Lebens: im Himmel verwurzelt zu sein; man könnte auch sagen, sich von Gott geliebt zu wissen.

 

Deswegen konnte sie vieles Schwere ertragen und hoffnungsvoll ihrem Lebensende entgegen gehen. Das wäre auch ein gutes Lebensmotto für jeden Christen: „Meine Wurzeln sind im Himmel!“

 

Das macht dankbar für alle Segnungen, die wir tagtäglich erfahren und widerstandfähig und stark in Niederlagen. Woher kommt all das Lichtvolle in unserem Leben, wenn nicht von oben, also vom Himmel?

Und woher kommt die Kraft, in schweren Stunden der Niedergeschlagenheit nicht aufzugeben,

wenn nicht vom Himmel?

 

● Im Vermächtnis von Senta Maurina ist noch eine weitere Lebensweisheit festgehalten:

Wer nach oben schaut, den zieht es nach oben!

 

Zunächst einmal können wir genau das im Leben Jesu beobachten.

Der Blick nach oben war seine Grundausrichtung. Vor jeder wichtigen Entscheidung ging der Blick nach oben, z.B. vor der Wahl der 12 Apostel hat Jesus eine ganze Nacht lang auf dem Berg gebetet.

Wenn er kranken Menschen zu Hilfe kam oder Lazarus vom Tod auferweckte,

hat er vorher seinen Blick gen Himmel gewandt, und ebenso in den Augenblicken der Versuchung in der Wüste oder in den leidvollen Stunden am Ölberg.

 

Jesus schaute nach oben und verbündete sich mit dem Himmel, letztlich mit seinem himmlischen Vater.

Und so ist die Himmelfahrt, die wir heute feiern die konsequente und logische Vollendung seines irdischen Lebens. Wer nach oben schaut, den zieht es nach oben!

 

Das gilt aber nicht nur für Jesus, sondern Paulus schreibt ganz ähnliche Worte im Kolosserbrief:

„Richtet euren Sinn auf das Himmlische, nicht auf das Irdische!“

In der alten Übersetzung stand dort: „Richtet euren Blick…“ Je mehr wir unseren Sinn auf das Himmlische richten, desto mehr wird der Hunger nach dem Himmlischen wachsen, desto mehr zieht es uns nach Gott!

 

Wer nicht nach oben schaut, den zieht es anderswo hin. Wer seinen Sinn auf etwas Irdisches richtet,

wird immer größeren Hunger nach dem Irdischen bekommen, sei es der Hunger nach Vermehrung des Reichtums, nach Anerkennung, Unterhaltung oder was auch immer.

 

Das, worauf wir unseren Sinn richten, wird stärker werden.

Dummerweise aber kann das Irdische uns nie wirklich sättigen.

Mit dem Himmlischen ist es ähnlich und unähnlich:

Wer seinen Sinn auf Himmlisches richtet, bekommt mehr Hunger auf Himmlisches.

 

Der Unterschied zum Irdischen liegt darin, dass es im Himmlischen eine wirklich Sättigung der Sehnsucht gibt, wenigstens anfanghaft. Endgültig wird unser Hunger nach Gott erst im Tod,

in der Anschauung Gottes, nach unserer persönlichen Himmelfahrt gestillt sein.

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, wie schön ist es und wie viel Sicherheit vermittelt es, wenn ich weiß: Meine Wurzeln sind im Himmel!

So wünsche ich uns allen, dass wir immer mehr versuchen, unseren Sinn auf Himmlisches zu richten,

denn wer nach oben schaut, den zieht es tatsächlich nach oben.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Osterpredigt

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

am Karfreitag feierten wir den Tod Jesu.

Jesus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes,

wie wir im Credo bekennen.

 

Im Englischen lautet es noch deutlicher:

„He descended into hell.“

Jesus ist also zur Hölle hinabgestiegen.
Er hat die Hauptzentrale, das Machtzentrum des Todes erreicht und

dann hat Er dort den Tod in seinen Grundfesten zerstört.

Jesus hat den Tod vernichtet.


Das feiern wir heute, an Ostern: den Sieg Jesu über den Tod, Seine Auferstehung.

Jesus ist auferstanden, Er hat den Tod besiegt. Und das hat Auswirkungen für uns:

 

● Die vielleicht wichtigste Auswirkung ist, dass wir durch Taufe und Glauben

Anteil am Sieg Jesu über den Tod haben.

Wenn wir eines Tages sterben werden, wird unser Tod nicht endgültig sein, sondern durch unsere Verbindung mit Jesus werden wir mit Ihm durch den Tod zum ewigen Leben hinübergehen.

Wir werden mit Christus auferstehen.

Deswegen kann Paulus auch schreiben, dass ihm Sterben Gewinn ist.
Egal, wie sein Leben war, nach dem Tod kommt das Größte noch.

 

● Nun dauert es aber sicher noch einige Zeit bis zu unserem Tod. Und so können wir uns fragen, ob es nicht auch Auswirkungen der Auferstehung Jesu schon zu unseren Lebzeiten gibt.

▪ Eine Auswirkung ist sicher, dass wir keine solche Angst vor dem Tod zu haben brauchen wie Menschen, die Christus und Ostern nicht kennen. Das kann uns eine Gelassenheit und Geborgenheit vermitteln, zu wissen, nicht tiefer fallen zu können als in die Hand Gottes.

▪ Es gibt aber noch mehr Auswirkungen der Auferstehung Jesu:
Das heutige Evangelium schildert die zwei Marias, Maria Magdalena und die andere Maria, die sehr traurig zum Grab Jesu gingen. Doch als sie von der Auferstehung erfuhren, waren sie auf einmal voller Freude.
Ganz ähnlich waren alle der ersten Zeugen der Auferstehung, von denen wir in der kompletten Osterzeit hören werden, komplett verwandelt und verändert nach dem Erfahren der Auferstehung Jesu.


Aus ängstlichen und traurigen Jüngern wurden Zeugen Jesu, die bereit waren, für Jesus zu sterben und dies vielfach auch taten. Sie hatten überhaupt keine Angst mehr, vor dem Hohem Rat Jesus zu bekennen,

selbst wenn es sie das Leben kostete.

Ist das auch für uns möglich, solch eine verändernde Kraft der Auferstehung in unserem Leben zu erfahren?
Ja, und vielleicht haben wir es auch schon erfahren, eine gewisse Freude und einen größer werdenden Mut.


Wenn wir aber ehrlich sind, müssen wir wohl zugeben, dass es noch mehr sein könnte.

Wir könnten noch mehr österliche Menschen werden, noch mehr die verändernde Kraft der Auferstehung an uns selbst erfahren, so wie die Frauen und die Apostel sie erfahren haben.

Doch das ist manchmal nicht so ganz einfach.

 

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Ich möchte Ihnen die Geschichte vom kleinen Elefanten erzählen:
Ein kleiner Elefant, wenige Tage alt, wird mit einem Fuß an einen in die Erde geschlagenen Pflock angebunden. Der kleine Elefant versuchte sicherlich hundert oder tausend Mal, vom Pflock loszukommen, aber er schaffte es nicht. Schließlich hat er es gelernt, dass er vom Pflock nicht wegkommt.
Nun ist aus dem kleinen Elefanten eines Tages ein großer Elefant geworden, für den es ein Leichtes, ein Kinderspiel wäre, den Pflock aus der Erde zu ziehen und frei zu sein. Aber er versuchte es nicht einmal.

Wenn nämlich ein großer Elefant glaubt, er kriegt den Pflock nicht raus, dann kriegt er ihn auch nicht raus.

Das Problem des großen Elefanten ist, dass er gedanklich noch ein kleiner Elefant ist. Er lebt in der Identität eines kleinen Elefanten.

 Ich vermute, dass ein ähnliches Problem viele Menschen und auch Christen haben, dass es etwas gibt,

das sie hindert, noch mehr die verändernde Kraft der Auferstehung in ihrem Leben zu erfahren.

Sie leben aus einer Identität, die nicht die österliche Identität ist.

Dies kann sich äußern in Sätzen wie:
Ich bin nun mal…nicht gut genug – ein Sünder – Ich habe zu viel falsch gemacht –

Ich stamme nun mal aus einer Alkoholikerfamilie – Ich bin nun mal ein ADS-Kind usw.
Setzen Sie ein, was Sie wollen.


Dies ist eine problematische und falsche Identität, die dazu führt,

dass der Mensch die verändernde Kraft der Auferstehung Jesu nicht so erfährt, wie es möglich wäre.

Im Bild gesprochen bleibt er der große angebundene Elefant,

obwohl dieser den Pflock leicht herausziehen könnte, weil sie nicht aus der österlichen Identität leben.

 

Was ist nun die österliche Identität?

Sie ist schön beschrieben in vielen Bibelstellen, besonders von Paulus:
- In der Epistel aus dem Römerbrief hörten wir:

Sind wir nun mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden…

Wir sollen in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln. Paulus schreibt das als Aufforderung!


- Im 2. Korintherbrief schreibt Paulus, dass wir eine neue Schöpfung in Christus sind.
- Im Epheserbrief lesen wir: Gott aber hat uns mit Christus Jesus auferweckt und

uns zusammen mit ihm einen Platz im Himmel gegeben.


Er schreibt dies im Präsenz, nicht in Futur. Gott hat uns schon jetzt auferweckt und einen Platz im Himmel gegeben, nicht erst nach dem Tod. Das heißt, dass wir jetzt schon auferweckt und Himmelsbürger sind.

Wir haben gewissermaßen eine doppelte Staatsbürgerschaft, wir sind Himmelsbürger und Erdenbürger.

Das ist unsere österliche Identität.


- Und im 8. Kapitel des Römerbriefs lesen wir, und das ist die vielleicht bemerkenswerteste Stelle:

Der Geist dessen wohnt in euch, der Jesus von den Toten auferweckt hat.
Unglaublich. Der gleiche Geist, der im Grab den toten Jesus wieder lebendig machte, lebt auch in uns.

Das alles ist unsere österliche Identität.

 

Je mehr es dem Menschen, also auch uns, gelingt, diese Osteridentität nicht nur zu kennen,

sondern aus ihr zu leben, dass wir also mit Christus auferweckt sind – der Geist der Auferstehung in uns lebt – wir eine neue Schöpfung und Himmelsbürger sind, desto mehr wird der Mensch, um im Bild zu bleiben, vom angebundenen zu einem freien Elefanten.
Und je mehr es dem Menschen und uns gelingt, diese Osteridentität zu verinnerlichen (also vom Kopf ins Herz), desto größer ist die Chance, die verändernde Kraft der Auferstehung ganz konkret in unserem Leben zu erfahren, wie die Frauen am Grab und wie die Apostel.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

zu Ostern feiern wir den Sieg Christi über den Tod. Und das hat Auswirkungen für uns.

Ich tue mich etwas schwer damit, sie wirklich die wichtigste zu nennen: nämlich unseren Anteil am Sieg Jesu über den Tod durch Taufe und Glauben nach dem Tod.


Denn auch sehr wichtig finde ich die Auswirkung der Kraft Seiner Auferstehung schon zu Lebzeiten:
Neben einer größeren Gelassenheit und weniger Angst vor dem Tod können wir nämlich die verändernde Kraft der Auferstehung in unserem Leben erfahren, und zwar umso mehr, je mehr es uns gelingt,

die Osterbotschaft nicht nur zu kennen, sondern die Osteridentität auch zu verinnerlichen: dass wir mit Christus auferweckt sind – der Geist der Auferstehung in uns lebt – wir eine neue Schöpfung und Himmelsbürger sind.
Ich wünsche uns allen,

 

dass wir die verändernde Kraft des Ostersieges Jesu immer wieder mal in unserem Leben erfahren.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Neudenau_-_Herbolzheim_-_Felder,_grasiger_Weg_und_Birnbaum_im_April_(1.3).jpg
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Neudenau_-_Herbolzheim_-_Felder,_grasiger_Weg_und_Birnbaum_im_April_(1.3).jpg

Pfarrvikar Markus Hartung

Predigt zu Gründonnerstag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

ein Lied der kanadischen Musikgruppe Nickelback trägt den Titel: „If today was your last day.”, also „Wenn heute dein letzter Tag wäre.“

 

In dem Lied geht es darum, ob ich mich von meinem Leben gut verabschieden könnte, wenn ich wüsste, dass heute mein letzter Tag wäre.

 

Was würden wir (Sie und ich) tun, wenn wir wüssten, dass heute mein/unser letzter Tag des Lebens wäre?

 

Vielleicht würden wir uns mit jemandem aussprechen oder uns gar wieder versöhnen, vielleicht würden wir unsere Erbschaft regeln oder einen Ausflug mit unseren Lieben machen.

Ich bin mir sicher, dass Ihnen an dieser Stelle noch einige andere Dinge einfallen werden.

 

Angesichts der knappen Zeit würden wir aber auf jeden Fall etwas tun,

von dem wir absolut überzeugt sind, dass es richtig, sinnvoll, gut und wichtig wäre.

Und intuitiv spüren wir, dass dieses Sinnvolle und Richtige auch über den Tod hinaus gültig bleiben müsste.

Wir würden etwas tun, was auch durch den Tod nicht zerstört oder entwertet werden könnte,

wie z.B. eine Versöhnung.

 

● Heute feiern wir Gründonnerstag. Das ist das Gedächtnis an den letzten Abend im Leben Jesu.

Und natürlich wusste Er, dass es sein letzter Abend sein werde.

Und auch, wenn Jesus immer sehr bedacht und überlegt gesprochen und gehandelt hat,

so wird Er an seinem letzten Abend jede Geste und jedes Wort besonders bewusst gewählt haben.

 

Und was tut Jesus?

Er bindet sich eine Schürze um, nimmt sich eine Waschschüssel und beginnt,

seinen Jüngern die Füße zu waschen.

Da würden wir unwillkürlich fragen, wenn wir es zum ersten Mal hören würden:

Was???

Hat ein Welterlöser 20 Stunden vor seinem Tod nichts Wichtigeres zu tun, als die Füße seiner Jünger zu waschen? Was wäre noch alles zu sagen, festzulegen und zu ordnen gewesen?

 

Aber nein, die kostbaren Minuten verrinnen und der Sohn Gottes wäscht Füße, ohne Hast und Aufregung, vermutlich sogar besonders sorgfältig und liebevoll.

Der Allmächtige geht in die Knie und wäscht schmutzige Füße.

Warum tut Er dies?

 

Er tut dies, um uns ein bleibendes Beispiel zu geben, das jeder versteht, auch jedes kleine Kind.

 

Dieses Geschehen spricht eindringlicher zu uns als jede Predigt es könnte.

Durch diese Fußwaschung verpflichtet Jesus auch uns zum Dienst am Nächsten, zur Caritas.

Seit der Fußwaschung ist uns Christen dies ins Stammbuch geschrieben.

 

Wir hörten es sogar ausdrücklich im Evangelium:

„Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe,

dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.

Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“

 

Der Nächste kann uns nicht mehr egal sein,

seine materielle Not, seine seelische Not oder auch, wenn es um sein ewiges Heil geht.

 

● Was tut Jesus noch an seinem letzten Abend?

Wir hörten es in der Lesung aus dem 1. Korintherbrief:

„Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot,

sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

 

Jesus bricht das Brot. Das deutet auf seinen Tod hin.

Wie das Brot gebrochen wird, so wird Er Stunden später zerbrochen werden am Kreuz.

Dazu sagt Er die Worte: Das ist mein Leib für euch!

Jesus gibt nicht etwas,

sondern Er gibt sich selber, ganz, und behält nichts zurück. Gott gibt sich dem Menschen.

Und dabei erteilt Er seinen Jüngern den Auftrag: Tut dies zu meinem Gedächtnis!

Dies ist die Einsetzung der Eucharistie und des Priesteramtes.

 

Warum macht Jesus das?

Er macht es natürlich, weil es Ihm wichtig war, weil Er den Menschen aller Zeiten nahe sein wollte,

also auch uns. Daran erkennt man seine große Liebe!

Er denkt in dieser für Ihn existenzbedrohenden Situation nicht an Sich,

sondern an all die kommenden Menschen, die in den Jahrhunderten und Jahrtausenden nach Ihm leben werden.

Er macht das Geschenk der Eucharistie, damit Er zu allen Zeiten den Menschen nahe sein kann.

 

● In der Eucharistie ist uns Jesus nicht nur nahe (sogar in uns), was schon enorm viel ist,

sondern die Eucharistie ist auch die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Christi.

Die Erlösungsgnade wird seit 2000 Jahren in jeder Heiligen Messe empfangbar!

Manchmal frage ich mich, wie viel schlechter die Welt aussähe,

wenn diese durch die Messfeiern erwirkte Gnade fehlen würde?

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

mit dem Lied „If today was your last day.” lädt uns die Gruppe Nickelback ein,

darüber nachzudenken, was wir täten, wenn heute unser letzter Tag wäre.

 

Auf jeden Fall täten wir etwas Entscheidendes, Wahres, über den Tod hinaus Bleibendes.

So tat es auch Jesus: in der Fußwaschung verpflichtet Er uns zum Dienst am Nächsten,

und in der Einsetzung der Eucharistie schenkt Er uns Seine bleibende Gegenwart

und Seine in jeder Heiligen Messe empfangbare Erlösergnade.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Pfarrvikar Markus Hartung

Predigt zum Passionssonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

wir stehen relativ kurz vor der Karwoche, in der wir das Leiden und Sterben Jesu Christi feiern. Und so lohnt sich ein Blick auf das Kreuz Christi.

 

Es gibt ein englischsprachiges Gospellied, das mit einer Frage beginnt:

“Were you there when they crucified my Lord?”,

also:  

Warst du dort,

als sie meinen Herrn gekreuzigt haben?“


Warst du, war ich dabei, als sie Jesus gekreuzigt haben?


Nun könnte man meinen, dies sei ein altes Lied und es ist eine irgendwie dumme Frage.

Natürlich war ich nicht dabei. Wie könnte ich auch? Dies ist ja vor ca. 2000 Jahren geschehen.

 

Nun lesen wir im Katechismus der Katholischen Kirche unter der Nummer 478:

"Jesus hat während seines Lebens, seiner Todesangst am Ölberg und seines Leidens uns alle und jeden einzelnen gekannt und geliebt und sich für jeden von uns hingegeben:   

Der ,,Sohn Gottes“ hat „mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2,20)

 

Aha, der Sohn Gottes hat nicht einfach „alle“ geliebt oder sich einfach „für alle“ hingegeben,

sondern Er hat ganz konkret mich geliebt und sich für mich hingegeben.

Und schon gar nicht hat sich der Sohn Gottes für eine anonyme Masse, die Er nicht kannte, weil sie erst in den Jahrhunderten und Jahrtausenden nach Seiner Zeit auf Erden lebten, hingegeben.
Nein, Er hat alle und jeden einzelnen gekannt und geliebt und sich für jeden von uns hingegeben.
Als Jesus lebte, litt und starb, da hat Er mich gekannt und geliebt.


So kann man tatsächlich mit Paulus sagen: „Jesus hat mich geliebt und sich für mich hingegeben.“

 

Und nun können wir auf die Anfangsfrage des Gospellieds „Were you there when they crucified my Lord?“ „Warst du dort, als sie meinen Herrn gekreuzigt haben?“ antworten:
Ja, ich war dort, ich war dabei, in Seinen Gedanken!
Ich war dabei „während seines Lebens, seiner Todesangst am Ölberg und seines Leidens.“

 

Wie Jesus das gemacht hat, alle und jeden einzelnen zu kennen und zu lieben,

müssen wir nicht ergründen und darf Sein Geheimnis bleiben. Aber es macht einen Unterschied,

diese Erkenntnis im Kopf und idealerweise im Herzen zu haben.


Wenn man einen Kreuzweg betet oder auf ein Kreuz schaut, und weiß:

Ja, ich war da, in Seinen Gedanken, dann betet man anders.

 

● Und ich bin noch in einer anderen Form dabei gewesen, als Jesus gekreuzigt wurde.

Im Katechismus der Katholischen Kirche lesen wir unter der Nummer 1366:

„Die Eucharistie … stellt das Opfer des Kreuzes dar und macht es dadurch gegenwärtig.“
Die Eucharistie macht also tatsächlich das Opfer des Kreuzes gegenwärtig.

 

Raniero Kardinal Cantalamessa OFMCap, ein Kapuzinermönch, der Papst Franziskus und seinen Vorgängern häufig Exerzitien hielt, hat in einem seiner Bücher geschrieben:

„In der Eucharistie werden wir zu Zeitzeugen Christi.“

Knie ich mich also vor der Eucharistie hin,

dann ist das so, als wenn ich mich in den Staub und Sand von Golgotha bei der Kreuzigung hinknie.


Die Eucharistie ist kein Fotoalbum, das wir jeden Sonntag andächtig betrachten,

mit Fotos von einem vor langer Zeit gewesenen Ereignis, an das wir uns andächtig und fromm erinnern.
Nein, die Eucharistie ist das gegenwärtige Geschehen des Kreuzesopfers – und ich bin dabei!

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

das alte Gospellied beginnt mit der Frage:

Were you there when they crucified my Lord?, Warst du dort, als sie meinen Herrn gekreuzigt haben?
Und wir können antworten:

Ja, ich war dabei, in Seinen Gedanken, und ich bin dabei in jeder Feier der Eucharistie.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen schon jetzt eine gesegnete Vorbereitung auf die Feier des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Pfarrvikar Markus Hartung

Predigt zum 4. Fastensonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

 

das bekannteste Werk des französischen Autors Antoine de Saint-Exupery ist sicherlich die Erzählung „Der kleine Prinz.“ Und am bekanntesten daraus ist wohl die Aussage:

 

„Man sieht nur mit dem Herzen gut.

Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“


Daraus spricht eine tiefe Wahrheit,

es gibt tatsächlich mehr, als wir mit den Augen sehen können. Und dieses „mehr“ bewegt sich auf der Herzensebene, weswegen man nur mit dem Herzen gut sieht.

Der Einzige, der immer gut, richtig und mit dem Herzen sieht, ist Gott!

 

▪ In der ersten Lesung aus dem 1. Buch Samuel hörten wir vom Propheten Samuel, der von Gott beauftragt worden war, nach Betlehem zu gehen und einen der Söhne Isais zum König von Israel – als Nachfolger Sauls – zu salben.

 

Nacheinander ließ Isai sieben seiner Söhne antreten und immer dachte der Prophet Samuel:

„Gewiss ist er es, den ich salben soll.“ Und immer irrte er sich. Samuel hörte die Stimme Gottes zu ihm sprechen: „Sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt, denn ich habe ihn verworfen; Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht.

Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.


Erst der achte Sohn Isais, David, der Jüngste, der gerade beim Schafehüten war, war der Auserwählte, der später zum berühmten König David wurde. David war wohl nicht ganz so stattlich wie seine Brüder und außerdem der Jüngste, er war dennoch der Erwählte Gottes. Während die Menschen einschließlich des Propheten nur nach dem Äußeren urteilten, hat Gott tiefer gesehen und nach dem Herzen geurteilt.

 

▪ Am gestrigen Samstag lasen wir das Evangelium vom Pharisäer und vom Zöllner.

Der Pharisäer fastet, betet und gibt den 10. Teil seines Einkommens für den Tempel. Im Vergleich zum betrügerischen und sündigen Zöllner hätte wohl jeder behauptet, dass der Pharisäer der gottgefällige Mensch wäre.

Allerdings ging der Zöllner, der ausrief: Gott, sei mir Sünder gnädig! gerechtfertigt nach Hause, der Pharisäer nicht. Wieder hat der äußere Anschein getrogen, weil Gott – anders als die Menschen – das Herz und die wahren Absichten des Menschen sieht.

 

▪ Ganz ähnlich das Evangelium des letzten Sonntags von der Samariterin am Jakobsbrunnen. Diese Frau war dreifach erniedrigt: Zunächst war sie eine von den Juden verachtete Samariterin, dann war sie eine Frau, die damals auch nicht das war, was am meisten geachtet und geschätzt wurde, und sie galt als Sünderin, weil sie fünf Männer hatte.
Jesus aber hat mehr ihre Verletzungen als ihre Sünden gesehen und ausgerechnet sie erwählt, als erste zu erfahren, dass Er der Messias sei.
Das hätte sicher auch niemand in ihr gesehen. Auch hier hat der äußere Anschein getrogen.

▪ Wiederum ähnlich ist es mit Maria von Magdala, einer stadtbekannten Sünderin, der die Ehre zuteilwurde, erste Zeugin der Auferstehung zu sein.

▪ Ähnlich ist es mit der Berufung des Zöllners Matthäus zum Apostel. Von den Menschen verachtet, hat Jesus den Apostel in ihm gesehen.

▪ Auch bei Moses war es so. Wir lesen in der Bibel, dass er nicht reden konnte. Daher wurde ihm sein Bruder Aaron zur Seite gestellt. Und ausgerechnet er führte nach Gottes Willen Israel aus Ägypten. Diese Berufung hätten auch die wenigsten Menschen in ihm gesehen.

 

In all diesen Beispielen sehen wir, dass Gott allein einen umfassenden Blick und sich nicht blenden lässt durch Äußeres. Darin unterscheidet Er sich sehr deutlich von den Menschen.

Wir lesen es ausdrücklich sowohl im Alten wie im Neuen Testament:


Jesaja 55: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege.
Matthäus 19: Viele, die jetzt die Ersten sind, werden dann die Letzten sein, und die Letzten werden die Ersten sein.

 

▪ Wir Menschen sind nicht gut im Urteilen. Wir lassen uns häufig täuschen durch den äußeren Anschein. Einige Leute beeindrucken uns, z.B. berühmte, reiche, einflussreiche oder mächtige Menschen.
Gott dagegen schaut tiefer und scheint eine Vorliebe zu haben für die Verachteten und Erniedrigten, für die, die es schwer haben im Leben. Gott hat den unbestechlichen Blick des Herzens.

Darin sind kleine Kinder Gott ähnlich. Sie haben einen „7. Sinn“ dafür, wer es wirklich gut meint und sie liebt. Sie lassen sich noch nicht blenden von Äußerlichkeiten und haben ein gutes Gespür dafür, wer ein gutes Herz hat.
Je älter man wird, desto mehr verringert sich wohl diese Fähigkeit und die Gefahr wächst,

Urteile aus Vorurteilen zu fällen, oder nach dem sozialem Status einer Person oder davon, was andere Leute über eine Person sagen, zu urteilen.

 

● Im heutigen Evangelium ging es auch ums Sehen.

Im sehr facettenreichen Evangelium heilt Jesus einen blinden Bettler.

Für die meisten war dieses Wunder ein Beweis für die Göttlichkeit Jesu, nur nicht für die Pharisäer.

Sie sind blind für die Göttlichkeit Jesu. Der Grund dafür liegt im Zeitpunkt der Heilung des Blinden, nämlich am Sabbat. Sie sind der Meinung, dass kein Gottesmann am Sabbat heilen würde. So sind sie blind geworden durch ihre Vorurteile und erkennen in Jesus nicht den lang erwarteten Messias.

Ganz anders der Bettler. Er hat sein Augenlicht wiederbekommen und im Verhör durch die Pharisäer antwortet er wohltuend ruhig und sachlich. Er selbst weiß nur, dass derjenige, der ihn heilte, Jesus heißt und vermutet, dass Jesus ein Prophet sein müsste.


Als Jesus dem Bettler nochmal begegnet, fragt Er ihn: „Glaubst du an den Menschensohn? Der Mann antwortete: „Wer ist das, Herr? Sag es mir, damit ich glaube. Jesus sagte zu ihm: Du siehst ihn vor dir; er, der mit dir redet, ist es. Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder.“


Eine wunderbare Szene. Hier lernt der blinde Bettler ein weiteres Mal Sehen, er sieht und erkennt in Jesus den Menschensohn und Messias. Er sieht mit dem Herzen.


Das ist genau das, was den Pharisäern fehlt. Ihre Augen sind zwar gesund, ihr Herz aber ist blind.

Sie sehen alle Wunder Jesu, hören Seine Worte, aber sehen und verstehen doch nicht. Die wahren Blinden im heutigen Evangelium sind die Pharisäer.

 

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

wir Menschen sind oft nicht gut im richtigen Sehen und Urteilen.

Gott sieht oft ganz anders, so schon in der Bibel durch die Erwählung von David, der Samariterin am Jakobsbrunnen, des Zöllners Matthäus, Maria Magdalena und vielen anderen. Dies sind alles von Gott Erwählte, die kaum ein Mensch erwählt hätte.
Richtig blind sind die Pharisäer, weil sie ein verhärtetes Herz haben.
Antoine de Saint-Exupery hat wirklich recht mit seiner Aussage:

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 3. Fastensonntag

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

im Evangelium hörten wir sehr ausführlich von der Begegnung Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen. Dieser Brunnen liegt in der Nähe der Stadt Sychar in Samarien, wie wir erfuhren.

Was ist das nun für eine Frau?

Zunächst einmal ist sie eine Samariterin und die Samariter wurden von den Juden verachtet, weil sie sich in der Zeit der Babylonischen Gefangenschaft mit anderen Völkern vermischt und den jüdischen Glauben nicht rein bewahrt haben.

Und dann ist sie eine Frau, was in der damaligen Zeit auch nicht das war, was am meisten gewürdigt und geschätzt wurde.

 

In der Beschreibung, dass sie eine samaritische Frau ist, schwingt schon eine doppelte Erniedrigung mit.

Und dann hörten wir, dass sich die Begegnung mit Jesus in der 6. Stunde ereignete, also mittags, wenn es bekanntermaßen sehr heiß ist in Israel.
Wer geht denn in der Mittagshitze zum Brunnen, um Wasser zu holen? Natürlich nur jemand, der nicht dann gehen möchte, wenn die anderen Frauen zum Brunnen gehen, die nämlich normalerweise frühmorgens oder abends zum Sonnenuntergang gehen.
An dieser Stelle ahnen wir schon eine dritte Verachtung, unter der die Frau zu leiden hat.

Nun kommt Jesus an den Jakobsbrunnen, er setzt sich und schickt seine Jünger weg, um in der Stadt etwas zu essen zu besorgen. War dies ein Zufall? Sicherlich nicht, denn Jesus wusste ja, wer kommt.

Nun ereignet sich also die Begegnung von Jesus mit der Samariterin. Eigentlich ist es Juden verboten, mit Samaritern zu sprechen.
Jesus scheint das nicht zu stören und Er ist unglaublich klug und liebevoll im Beginnen von Gesprächen. Er beginnt das Gespräch so, dass die Frau kaum „nicht-reagieren“ kann.
Jesus beginnt mit der Bitte: „Gib mir zu trinken!“

In dem dann folgenden Gespräch wird klar, warum die Frau mittags zum Brunnen geht. Sie ist eine Frau, die sehr sündig lebt in Augen der Mitmenschen. Nachdem die Frau sagte, dass sie keinen Mann habe, sagt Jesus zu ihr: „Fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann.“
Jesus könnte auch verachtend zu ihr sein wie vermutlich die anderen Frauen, ist es aber nicht. Er schiebt nämlich sofort etwas Positives hinterher, um sie nicht zu erniedrigen: „Damit hast du die Wahrheit gesagt.“

● Nun können wir uns fragen, warum eine Frau fünf Männer hat?
Menschen im Heilungsdienst berichten, dass die meisten Menschen nicht ein sündiges Leben führen, weil sie schlechte Menschen sind, sondern weil sie sehr verletzt sind und tiefe, unerfüllte Sehnsüchte haben.
Es könnte sein, dass diese Frau eine riesige Wunde in sich hat. Vermutlich fehlt ihr Bestätigung und Liebe, vielleicht sogar von ihren Eltern, vielleicht ist sie sogar ein Waisenkind.
Als sie größer wird, sucht sie diese Bestätigung und Liebe bei andern Männern und kommt so in eine Welt hinein, in die sie gar nicht hinein will. Denn eigentlich sucht sie nur Wertschätzung.
Aber die findet sie nicht bei den Männern, sie wird vermutlich nur benutzt, vom ersten, zweiten, dritten bis zum sechsten. So entsteht in einer Art Teufelskreis eine immer noch größere innere Wunde und unerfüllte Sehnsucht, die sie mit dem nächsten Mann heilen will, was wieder nicht funktioniert usw.

Jesus liebt es, Teufelskreise zu durchbrechen.
Jesus sieht nicht zuerst auf die Sünde dieser Frau, sondern auf die Wunde ihres Herzens, wie übrigens auch bei anderen biblischen Personen wie Zachäus, Matthäus, Maria von Magdala usw.

Interessant ist, dass im Johannes-Evangelium diese Frau als erste Person ausdrücklich erfährt, dass Jesus der Messias ist. Das erinnert stark an Maria von Magdala, die die erste Zeugin der Auferstehung Jesu wurde.
Jesus scheint ein Faible, eine Vorliebe, für die Verachteten und Erniedrigten zu haben, zu denen, deren Leben nicht einfach ist.

● Jesus sagt zwar zu der Frau: „Gib mir zu trinken!“, allerdings geht es doch sehr schnell nicht mehr darum, was die Frau für Jesus, sondern was Jesus für die Frau tun kann. Jesus fährt fort: „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.“

Dieses lebendige Wasser wird in der Präfation zum Hochgebet gleichgesetzt mit Glauben und dem Feuer der göttlichen Liebe. Dies ist das, welches das wahre Bedürfnis dieser Frau stillen würde und „zu einer Quelle würde, deren Wasser ins ewige Leben fließt.“

Die Frau kannte den Unterschied nicht zwischen ihrem Wasser und Jesu Wasse, daher hat sie Ihn nicht gebeten!
Ich vermute, dass sehr viele den Unterschied nicht kennen, von dem Jesus spricht, z.B. zwischen etwas Spaß und tiefer Freude mit Gott, oder zwischen Erfolg und echtem Lebenssinn, den Gott schenkt. Viele andere Beispiele ließen sich finden.

Als die Samariterin von diesem lebendigen Wasser erfährt, bittet sie Jesus sogleich:
Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen!
Sie hat es noch nicht ganz verstanden und denkt immer noch an irdisches Wasser, aber immerhin bittet sie Jesus, und schon fängt das Lebendige Wasser an, in ihr zu fließen, ohne, dass sie es zunächst selbst bemerkt. Sie fühlt sich wohl bei Jesus und ist so berührt, dass sie in die Stadt läuft, von ihrer Begegnung mit Jesus den Menschen berichtet, denen sie eigentlich aus dem Weg gehen wollte und so weitere Menschen zu Jesus führt. Das Lebendige Wasser schenkt ihr Wertschätzung und Liebe, heilt ihre Wunden und lässt sie zur Missionarin werden. All dies schenkt ihr das Lebendige Wasser, und all dies kann das Lebendige Wasser auch heute noch schenken.

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, Jesus fädelt die Begegnung mit der Samariterin geschickt ein. Er will sie treffen. Er weiß, dass sie verachtet wird und Er kennt ihre seelischen Verletzungen. Es ist sicher kein Zufall, dass Jesus gerade ihr zuerst offenbart, dass Er der Messias ist.
Er schenkt ihr Lebendiges Wasser, d.h. den Glauben und das Feuer der göttlichen Liebe.
Das ist der Beginn ihres neuen und wahren Lebens mit Jesus Christus. Und dieses Leben bietet Er jedem von uns an.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung 

Predigt zum 7. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

die Zehn Gebote alle zu kennen und sich danach zu richten, ist schon nicht einfach. Das heutige Evangelium geht allerdings noch darüber hinaus und spricht von einem noch höheren Anspruch,

den Jesus an uns richtet. Wir hörten soeben die Worte Jesu: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.
 
Auch wenn wir keine echten Feinde haben, so kennt jeder ziemlich sicher Menschen, mit denen wir uns schwerer tun als mit anderen. Selbst Jesus tat sich bspw. mit den Pharisäern schwer.
 Und diese Menschen sollen wir nun lieben und für sie beten.

Jesus macht es aber noch konkreter. Er sagt: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin!
 
Ins Gesicht geschlagen zu werden ist eine echte Demütigung. Wer von uns wäre da nicht geneigt zurückzuschlagen oder sich auf andere Weise zu rächen? Stattdessen sollen wir auch noch die andere Wange hinhalten. Das ist echt schwer und gewissermaßen Christentum für Fortgeschrittene!

Des weiteren sagt Jesus: Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel!
 
Dazu muss man wissen, dass einem nach jüdischem Recht der Mantel nicht genommen werden durfte (z.B. im Gerichtsprozess) bzw. spätestens abends wieder zurückgegeben werden musste, weil er gleichzeitig auch Decke für die Nacht war. Das Hemd dagegen galt als weniger wichtig.
 
Jesus sagt also gewissermaßen, dass man jemandem, der einem alles wegnehmen will, was er darf (z.B. das Hemd als Ausgleich für Schulden), auch noch freiwillig das dazu geben soll, was er gar nicht wegnehmen darf.

Ganz ähnlich die weiteren Worte Jesu: Wenn einer von dir verlangt, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.“
 
Im jüdischen Gesetz galt 1 Meile als die weiteste Strecke, die man einen Sklaven zwingen durfte, das Gepäck für einen zu tragen. Es war ein Gesetz zum Schutz der Sklaven.
 
Nach dem Auftrag Jesu sollen wir also jemandem, der an die Grenze dessen geht, was er mit uns tun darf, das Doppelte geben.

Das alles ist wirklich schwierig! Aber es ist der Weg zum Frieden, und vielleicht sogar einzige!
 Wie fangen
Konflikte im Kleinen und Kriege im Großen an? Meistens fangen sie klein an und schaukeln sich dann hoch, weil niemand nachgeben will. So münden sie häufig in einer Spirale der Vergeltung!
 
Es kann aber nicht die Lösung sein, immer dem Feind zu vergelten. Der Ausweg, den Jesus lehrte, lautet: Du sollst deine Feinde lieben!
 
Das ist die Botschaft des Christentums – anspruchsvoll, aber wahr!

Als Einschränkung sei allerdings gesagt, dass damit nicht gemeint sein kann: Lasst euch alles gefallen! Lasst alles mit euch machen!“
 
Das kann nicht die Botschaft sein, das hat Jesus selbst auch nicht gemacht. Er hat durchaus die Pharisäer sehr deutlich zurechtgewiesen oder, als Er geschlagen wurde, gefragt, aus welchem Grund dies geschehe.
 
Das Gebot der Feindesliebe bedeutet wohl eher, dass egal, was der andere tut, wir nicht aus der Liebe herausfallen sollen. Wir sollten uns lieber selbst verletzen lassen, als aufzuhören zu lieben.

● Nun gibt es großartige Beispiele von heiligen Menschen, denen dies wirklich vorbildlich gelungen ist:

▪ Der selige Karl Leisner war im KZ Dachau inhaftiert und wurde dort sogar zum Priester geweiht. Er hat während der Gefangenschaft unvorstellbare Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten über sich ergehen lassen müssen. Er hat diese Hölle zwar überlebt, starb jedoch kurze Zeit nach Kriegsende an deren Folgen.
 
Bemerkenswert ist sein letzter Satz in seinem Tagebuch: „Segne, Höchster, auch meine Feinde!“
 
Er hat wirklich verstanden, was Feindesliebe bedeutet.

 Das Gebot Liebt eure Feinde! ist überaus schwierig zu halten.
 A
ber auch in anderen Bereichen gilt: Je höher der Preis, desto höher der Wert. Ein Fahrrad für 1000 € ist normalerweise werthaltiger als eines für 300 €.
 
Nun kostet uns die Erfüllung des Gebots der Feindesliebe wirklich viel, aber umso mehr Kraft steckt auch drin. Und manchmal passieren große Dinge, wenn jemand die Feindesliebe wirklich gelebt hat, wie z.B. die heilige Maria Goretti:
 
Nach versuchter Vergewaltigung ist sie an den Folgen der Gewalt gestorben. Vor ihrem Tod hat sie jedoch noch für den Täter gebetet.
 
Dieser war später, nach Verbüßung einer langen Gefängnisstrafe, bei ihrer Heiligsprechung dabei und ist selbst als Mönch ins Kloster gegangen. So hat auch dieser Mann noch einen guten Weg gefunden, wohl nicht zuletzt aufgrund des Gebets der heiligen Maria Goretti, die für ihren Mörder gebetet hat.

▪ Wir können auch in die Bibel schauen. Dort lesen wir vom heiligen Stephanus, dem ersten Märtyrer, der vor seiner Steinigung für seine Mörder betete: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!
 
Einen Menschen, der bei der Steinigung dabei war, kennen wir sehr gut, und zwar Saulus, ein Feind der Christen. Später gelang ihm, sicher nicht zuletzt durch das Gebet des Stephanus, der Schritt „vom Saulus zum Paulus“ und er hat unglaublich viel für die Ausbreitung des Christentums getan.

▪ Oder schauen wir auf Jesus selbst. Auch Er hat für die Menschen, die IHN ans Kreuz gebracht und gekreuzigt haben, gebetet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“
 
Wir wissen gar nicht, wie viele Menschen dadurch zum Glauben an Jesus, zur Vergebung ihrer Sünden und zum ewigen Leben gefunden haben, sicherlich unzählige.
 Jesus hat das Gebot der Feindesliebe also nicht nur gepredigt, sondern
auch selbst gelebt.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, das Gebot Liebt eure Feinde! gehört mit Sicherheit zu den schwersten Geboten. Es liegt aber auch eine große Kraft darin, die vieles zum Guten verwandeln kann.
 
Auch wenn wir nicht sofort unsere Feinde lieben können, so gelingt es uns vielleicht doch ab und zu mal, keine Vergeltung zu üben und in der Liebe zu bleiben. Dann sind wir schon auf dem guten Weg, den Jesus gelehrt hat!

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

angenommen, Sie sitzen mit einem Freund oder einer Freundin vor dem Fernseher, gehen die Programme durch und kommen so zu einem Bericht über den Mauerfall (1989). Und der Freund sagt: „Ja, das war toll, da war ich dabei!“ Sie schalten weiter und als nächstes sehen Sie einen Bericht über die Kuba-Krise (Anfang der 60er Jahre). Und wieder sagt der Freund, dass er dabei war und es eine sehr gefährliche Situation damals war.
 
Und als Sie einen Bericht über die Krönung Karls des Großen im Jahr 800 in Rom zum Kaiser sehen, sagt der Freund: „Das war eine tolle Stimmung damals dort in Rom!“
 
Spätestens dann werden Sie aufhorchen und den Freund fragen: „Willst du mich auf den Arm nehmen oder bist du ein Außerirdischer?

So ähnlich war es mit Jesus Christus. Irgendwie war er normal, Er hat mit den Menschen gegessen und getrunken, aber dann kamen sehr merkwürdige Aussagen anderer über Ihn und Aussagen Jesu über sich selbst, die man nicht leicht verstehen konnte.

Im heutigen Evangelium hörten wir: „Johannes der Täufer sah Jesus auf sich zukommen und sagte: Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war.
 
Von Johannes dem Täufer wissen wir nun aber sehr genau, dass er 6 Monate älter als Jesus war, der Engel Gabriel war erst bei Zacharias, dem Vater von Johannes, und dann sechs Monate später bei Maria.

Es gibt auch seltsame Aussagen Jesu über sich selbst, so sagte Jesus z.B.: „Euer Vater Abraham jubelte, weil er meinen Tag sehen sollte.“ Die Juden anworteten: „Du bist noch keine 50 Jahre und willst Abraham gesehen haben?“ Jesus: „Noch ehe Abraham wurde, bin ich.“ (Joh 8)
 Nun hat
Abraham aber ungefähr 2000 Jahre vor Christus gelebt. Wie kann Jesus sagen, dass Er noch vor Abraham war?

In einem anderen Fall sagt Jesus: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten, die ich zu dir gesandt habe. Wie oft wollte ich dich sammeln wie eine Henne ihre Küken, aber ihr habt nicht gewollt.“ (Mt 23)
 
Und die Jünger fragen sich wohl: „Moment mal, Jesus, wie oft hast du Propheten gesandt?“

Die Antwort ist:
 
Jesus kann so sprechen, weil Er der Sohn Gottes ist, und als Sohn Gottes ist Er ewig, weil Gott ewig ist, was sogar ein Dogma ist.
 
Der Anfang des Sohnes Gottes auf Erden ist datierbar auf die Verkündigung des Herrn durch den Engel Gabriel bei Maria und 9 Monate später in der Geburt in Betlehem. Aber natürlich hat der Sohn Gottes schon vorher existiert, und zwar ewig.

 Es ist sinnvoll, an dieser Stelle ein wenig über die Ewigkeit nachzudenken. Was ist die Ewigkeit? Ist sie eine unendliche Dauer von Zeit?
 
Das wäre eine etwas triste Vorstellung, die ganze Zeit immer das Gleiche zu machen, selbst wenn es z.B. ein Halleluja-Rufen wäre.
 
Und es wäre auch seltsam, wenn man für etwas Gutes, das man getan hat, unendlich viele Belohnungen bekäme, oder für einen einmal gemachten Fehler unendlich viele Strafen.
 
Das alles wäre eine etwas bizarre Vorstellung von Ewigkeit.

Die Theologie definiert: „Ewigkeit ist eine Dauer ohne Anfang und Ende, ohne Früher und Später, ein stehendes Jetzt.“

Und Augustinus schreibt: „Die Ewigkeit Gottes ist seine Wesenheit selbst, die nichts Veränderliches an sich hat. Es gibt dort nichts Vergangenes, als wäre es nicht mehr, nicht Zukünftiges, als wäre es noch nicht. Es gibt dort nur ‚ist‘, d.h. Gegenwart.“

Zeit ist etwas, das es nur auf der Erde gibt, deshalb ist auch alles irdische Sein vergänglich. Weil es im Himmel keine Zeit mehr gibt, gibt es dort auch keine Vergänglichkeit mehr. Für uns ist das schwer oder sogar gar nicht vorstellbar, weil wir nur zeitlich denken können.

In einem Artikel in der BRAWO (Brandenburger Wochenblatt) stand kurz vor Weihnachten:
 
„Dass Jesus nach seiner Himmelfahrt fast 2000 Jahre im Himmel zugebracht hat, scheint sehr fragwürdig. Er müsste inzwischen 2022 Jahre alt sein.“
 
Hinter dieser Aussage steht genau das Denken, als ob im Himmel die Zeit genauso weiterliefe wie auf Erden. Im gleichen Artikel stand aber richtigerweise auch der Hinweis, dass Zeit keine absolute, sondern eine relative Größe ist, was wir seit Albert Einstein wissen.

 Die Zeit, die es auf Erden gibt, hat also den Nachteil, dass alles vergänglich ist. Sie hat aber auch einen Vorteil, um den uns sogar die Engel beneiden, nämlich die Möglichkeit der Bekehrung und Besserung. In der Ewigkeit kann man sich nicht mehr ändern oder bessern.

 Etwas philosophisch könnten wir die Zeit als einen Mangel an Sein beschreiben, eben deswegen, weil Sein vergänglich ist. In der Ewigkeit haben wir vollkommenes Sein, das keiner Vergänglichkeit mehr unterworfen ist.

Ein Beispiel dazu von der heiligen Mystikerin Katharina von Siena. Sie hatte Visionen von Gottvater, der zu ihr nach eigener Aussage gesagt hat: „Ich bin der, der ist und du bist die, die nicht ist.“
 
Sicherlich hat Katharina erst einmal geschluckt, weil sie doch unzweifelhaft existierte. Im Vergleich zum ewigen Sein Gottes ist das aber deutlich weniger.
 
Das Sein des Menschen ist eben vergänglich, wie ein flüchtiger Schatten. Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch nicht da und die Gegenwart schwer greifbar.
 
Häufig denken die Menschen anders: „Mein Sein ist real, das Sein nach dem Tod ist etwas für Fromme, die seltsame Hoffnungen haben.“
 
Umgekehrt ist es richtig: „ Das Sein nach dem Tod ist real, und das irdische Leben ist wie ein Traum.
 Diesen Vergleich halte ich für zutreffend:

 
Wenn wir träumen, halten wir den Traum für real. Wenn wir aufwachen und schlecht geträumt haben, dann sagen wir manchmal: „Zum Glück war es nur ein Traum.“
 Ganz ähnlich
wird es sein, wenn wir sterben. Nachdem wir auf Erden unser Dasein für so real gehalten haben, wird uns rückblickend unser Leben wie ein Traum vorkommen, wenn wir nach dem Tod Anteil am wirklichen Sein haben.

Zu unserem großen Glück haben wir das Angebot der Erlösung durch Jesus am Kreuz. Dadurch will Gott den Menschen Anteil geben an seinem ewigen Sein, wie wir bei Johannes lesen können: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10)

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, Johannes der Täufer und Jesus überraschen mit einigen Aussagen, über die man etwas nachdenken muss, dass der Sohn Gottes nämlich vor aller Zeit war und damit ewig ist.
 
Ewigkeit ist nun nicht die unendliche Verlängerung des irdischen Seins, sondern die Fülle des Seins in einem stehenden Jetzt. Daran will uns Jesus Anteil geben und dafür lohnt sich schon jetzt jede Anstrengung auf Erden.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zu Erscheinung des Herrn / Heilige Drei Könige

 Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

vermutlich können wir alle uns in den Sterndeutern, die dann später zu den Heiligen Drei Königen geworden sind, wiederfinden.

Als gläubige Menschen leben wir nämlich in einer gewissen Spannung, so zwischen zwei Polen. Einerseits haben wir Gott schon gefunden, wir glauben an Ihn, bitten Ihn, loben und lieben Ihn usw., andererseits können wir nie sagen, dass wir jetzt schon bei 100 % seien, dass mehr nicht mehr ginge.
 G
ott immer neu zu suchen und Ihn immer tiefer zu verstehen, die Sehnsucht, Gott mehr und inniger kennenzulernen, dies alles gehört zum religiösen Leben dazu.
 
Der religiöse Weg ist immer auch ein Weg der Gottsuche.

Das erkennen wir auch an den Sterndeutern. Sie sind religiöse Menschen und warten auf den Messias. Deshalb haben sie ja den Himmel beobachtet, und als sie eine Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische gesehen haben, da wussten oder ahnten sie wenigstens, dass etwas Großes passieren wird, dass Gott den Menschen und sie Gott näher kommen könnten. Und so brechen sie auf und machen sich auf den Weg.

Dieser Weg besteht aus zwei Etappen, dem Weg zur Krippe hin und dem Weg wieder zurück von der Krippe.

Auf dem Hinweg werden sie geführt durch den Stern, und über den Umweg Jerusalem gelangen sie nach Betlehem und finden im Stall Jesus in der Krippe.

Jeder Mensch braucht so einen Stern, um den Weg zur Krippe, zum Glauben, zur Kirche zu finden und glücklicherweise haben auch wir so einen Stern. Für die meisten von uns werden unsere Eltern dieser Stern gewesen sein, für andere vielleicht auch ein Lehrer oder ein Priester.

Vielleicht haben sich die Könige auf dem Hinweg den Weg gemerkt, also Weggabelungen, Abzweige etc. Aber das, was sie an der Krippe erfahren haben, hat alles verändert. Sie gehen nicht einfach wieder zurück, sie gehen nicht mehr auf ihren altbekannten Pfaden. Sie gehen auf einem anderen Weg zurück in ihre Heimat, und das nicht nur, weil es ihnen im Traum so geboten wurde.

Für ihre Orientierung auf dem Rückweg brauchen sie keinen Stern mehr. Orientierung gibt ihnen das, was sie an der Krippe erfahren haben, genauer der neugeborene Sohn Gottes, Jesus Christus.

Und das ist auch unser Weg. Auch unser Stern ist irgendwann nicht mehr da und vermutlich brauchen wir ihn auch nicht mehr. Wie die Sterndeuter erlangen auch wir Orientierung durch das, was wir selber an der Krippe erfahren haben, also bei Jesus Christus.
 
Unser Kompass durchs Leben ist das ehrfürchtige Staunen vor Gott, die Anbetung an der Krippe. Die Gewissheit, von Gott, von diesem Kind in der Krippe, geliebt zu sein, gibt uns die Richtung für unser Leben vor.
 Wir haben die
höchste Würde und die beste Orientierung, wenn wir niederknien und anbeten. Das soll unseren Weg durchs Leben bestimmen.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, auch wenn wir Gott schon gefunden haben, ist immer noch mehr möglich. Vermutlich nicht nur bei mir, sondern auch bei Ihnen. Ich wünsche uns allen, dass diese Sehnsucht nach dem „mehr niemals aufhört und wir immer wieder Orientierung bekommen durch die Anbetung Jesu Christi.

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Markus Hartung

Predigt zu Neujahr 2023

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

Neujahr ist auch der Oktavtag von Weihnachten, der Weltgebetstag für den Frieden (selten ein wichtigeres Anliegen als heute) und auch das Hochfest der Jungfrau und Gottesmutter Maria, das höchste aller Marienfeste.

Zum Jahreswechsel und zu Neujahr fassen viele neue Vorsätze. Vieles soll anders werden und alles soll besser werden. Gute Vorsätze sind aber erfahrungsgemäß schnell wieder vergessen. Wie ich kürzlich auf dem Abreißkalender las, sagte einst der antike Philosoph Konfuzius:

Am Baum der guten Vorsätze gibt es viele Blüten, aber wenig Früchte.

Ein neues Jahr ist auch kein magischer Neubeginn, nur weil sich die Jahreszahl geändert hat, sondern es steht in Kontinuität zum vergangenen Jahr. Eigentlich schade, müsste man sagen, wenn man auf die Krisen des letzten Jahres zurückschaut, die auch im neuen Jahr immer noch aktuell sind:
 -
seit dem 24. Februar der Krieg in der Ukraine als dominierendes Thema, und viele weitere Kriege, über die kaum jemand mehr spricht,
 -
die Unsicherheit in der Energieversorgung,
 -
die Klimakrise,
 -
die schwindende Geldwertstabilität und hohe Inflationsraten z.Z. bei ca. 10 Prozent,
 
- gestörte Lieferketten,
 
- Fachkräftemangel, wo man hinschaut (Ärzte, Lehrer, Pflege, Handwerker, Priester, Erzieher, Busfahrer…),
 
- die häufig euphemistisch demografischer Wandel genannte demografische Katastrophe, weil es schon seit Jahrzehnten zu wenig Kinder gibt,
 -
und nicht zuletzt die Krise in der Kirche, eine extreme Polarisierung, durch die die Gefahr einer neuen Kirchenspaltung vom deutschen Boden aus wieder gegeben ist.

● Was soll man da noch erwarten für das neue Jahr, bei allen Krisen, die uns auch 2023 erhalten bleiben?

Als Christ ist man nie ohne Hoffnung! Es gibt die drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Während über den Glauben gelegentlich und über die Liebe häufig gepredigt wird, wird die Hoffnung meist etwas stiefmütterlich behandelt.

Papst Benedikt hat in seiner Enzyklika Spe salvi im Jahre 2007 über die Hoffnung geschrieben. Spe salvi sind aufgegriffene Worte des Paulus aus dem Römerbrief (Röm 8,24): Auf Hoffnung hin sind wir gerettet.

Die Rettung und das Heil ist nach christlichem Glauben nicht einfach da, sondern lediglich auf Hoffnung hin. Man kann sich das vorstellen wie die zwei Brennpunkte einer Ellipse: der eine Brennpunkt sind die vielfältigen Probleme, der andere Brennpunkt ist die Hoffnung.

Rettung und Erlösung geschehen in der Weise, dass wir eine verlässliche Hoffnung haben, aus der wir die oft mühsame Gegenwart bewältigen können (vgl. Spe salvi 1).
 
Paulus erinnert die Epheser daran, wie sie vor ihrer Begegnung mit Christus „ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt waren. (Spe salvi 2). Weil sie Gott nicht kannten, hatte sie keine Hoffnung. Umgekehrt stimmt es auch: Wer Gott kennenlernt, empfängt auch Hoffnung.
 
Oder anders gesagt: Wer mit Gott lebt, ist nie ohne Hoffnung.

Ein Beispiel mag das verdeutlichen (vgl. Spe salvi 3):
 Die
Afrikanerin Giuseppina Bakhita, von Johannes Paul II. im Jahr 2000 heiliggesprochen, wurde ungefähr im Jahre 1869 im Sudan geboren. Im Alter von 9 Jahren wurde sie entführt und war fortan Sklavin. Sie musste verschiedenen Herren dienen, die sie schlecht behandelten und sie oft geschlagen haben, wovon ihr lebenslang 144 Narben verblieben.
 
Bei einem italienischen Herrn hörte sie allerdings von Jesus Christus, dem wahren Herrn. Und das veränderte alles. Sie hörte, dass dieser Herr Jesus Christus der Herr aller Herren sei, der oberste Herr. Und dieser Herr ist die Güte selbst, Er kennt auch sie, Er hat auch sie geschaffen und Er liebt sie sogar. Dieser Herr hat selbst das Schicksal des Geschlagenwerdens auf sich genommen und wartet nun „zur Rechten des Vaters.
 Sie hat
fortan die große Hoffnung: Ich bin definitiv geliebt, und was immer mir geschieht – ich werde von dieser Liebe erwartet. Und so ist mein Leben gut.
 Durch
diese Hoffnungserkenntnis war sie „erlöst“, keine Sklavin mehr, sondern ein freies Kind Gottes, obwohl sie noch eine gewisse Zeit Sklavin war und erst später real befreit wurde. Mit 21 Jahren wurde sie getauft und gefirmt, mit 27 Jahren wurde sie Ordensschwester, lebte noch über 50 Jahre, in denen sie von der Hoffnung und der Lebensqualität, die in Gott gründen, Zeugnis gab, bis sie mit 78 Jahren gestorben ist.
 
Dadurch, dass sie Gott kennenlernte, hat sie Hoffnung empfangen, was ihr gesamtes Leben änderte.

Wie viele Menschen in Deutschland und darüber hinaus haben wenig bis keine Hoffnung, weil sie Gott nicht kennen.
 
Wie Papst Benedikt einmal predigte, schadet die Schwächung des religiösen Kerns nicht nur der Kirche, sondern der ganzen Menschheit. Weil Gott und Mensch nicht trennbar sind, weil die Gottferne die eigentliche Krankheit des Menschen ist, kann dies gar nicht anders sein.
 
Gott muss wieder auf den Ihm gebührenden Platz, nämlich den ersten. Jesus sagte in der Bergpredigt: „Suchet zuerst das Reich Gottes und alles andere wird euch dazugegeben.“
 
Dieses Wort Jesu ist erfahrbar wahr, persönlich und nach meinem Glauben auch global. Wenn die Menschen Gott wieder ernst nehmen, ist dies der erste Schritt zur Lösung aller Probleme. Und das sollte die Richtung sein im Neuen Jahr.

Wer sich überlegt, wie dies konkret aussehen könnte, findet einen Vorschlag in der ersten Lesung aus dem Buch Numeri. Dort war zweimal vom Angesicht des Herrn die Rede: „Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.“

Das Angesicht Gottes zu betrachten, dürfen wir ruhig wörtlich nehmen. Also z.B. in der Weihnachtszeit das Kind in der Krippe betrachten, oder auch das Kreuz oder ein anderes Jesusbild, oder eben auch in der Anbetung, oder auch indirekt durch das Lesen der Heiligen Schrift oder des Katechismus.
 
Maria hatte diese Nähe zu Jesus: vermutlich schaute sie unaufhörlich ihren Sohn an. Das brachte ihr Frieden, sie war nie ohne Hoffnung, selbst bei der Kreuzigung ihres Sohnes nicht.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, die vielen Krisen sind durch den Jahreswechsel nicht weggezaubert worden. Aber als Christen sind wir nie ohne Hoffnung, egal, was auch immer kommen mag, weil wir Gott und Maria, unsere himmlische Mutter, kennen.

Enden möchte ich mit den Worten eines chinesischen Christen zum Jahreswechsel:
 
Ich sagte zu einem Engel, der an der Pforte des neuen Jahres stand:
 Gib mir ein Licht, damit ich sicheren Fußes

 der Ungewissheit entgegengehen kann!

 Aber der Engel antwortete: Gehe nur hin in die Dunkelheit

 und lege deine Hand in die Hand Gottes!

 Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg! Amen!

(Bild: privat)
(Bild: privat)

Vikar Sankt Georg Rathenow und Heilige Dreifaltigkeit Brandenburg 

Markus Hartung 

Weihnachtspredigt 2022

 Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

ich möchte die Predigt beginnen mit einem Märchen von Sören Kierkegaard, einem dänischen Philosophen und Theologen des 19. Jahrhunderts:

Ein junger König verliebt sich unsterblich in ein armes Bauernmädchen. Sofort aber stellt sich für den König die Frage, wie sie zusammenkommen können, gibt es doch einen unüberbrückbaren Abstand zwischen dem König und dem Bauernmädchen.

So lässt er einen Berater kommen, der ihm rät: „Du bist der König. Befiel ihr doch einfach, in deinen Palast zu kommen und dich zu heiraten. Das wird sie ehren und ihr aus der Armut helfen und sie wird dir ein Leben lang dankbar sein. Gerne schicke ich meine besten Beamten zu ihr und schon heute Abend ist sie bei dir im Palast.“
 
Der König antwortet: Ja, tatsächlich, das ist die einfachste Lösung. Sie wird mir sicherlich gehorchen und vielleicht sogar dankbar sein. Aber wird sie mich wirklich lieben? Selbst wenn sie es mir versichert, werde ich niemals sicher sein können. Nein, das geht nicht.

So lässt er einen 2. Berater kommen, der ihm rät: „Lass ihr einen Präsentkorb bringen mit den erlesensten Speisen, kostbaren Kleidern und einem Diamantring. Dann wird sie dahinschmelzen.
 
Der König antwortet: Ja, das kann sein, dass sie dahinschmilzt, mir dankbar ist und mich heiraten wird. Aber wird sie mich wirklich lieben? Ich will ja nicht wegen meiner Geschenke geliebt werden, sondern als der, der ich bin. Nein, das geht nicht.

Schließlich lässt er den Hofnarr kommen, der versucht, ihn mit einem Kopfstand und Purzelbäumen aufzumuntern. Der Hofnarr rät ihm, es zu machen, wie er selbst: Kopfstand - alles umkehren!
 
Da antwortet der König: Genau! Das ist die Lösung. Nicht sie muss zu mir kommen. Ich muss zu ihr gehen.
 
Gesagt, getan. Er legt den Königsmantel und die Krone ab, zieht die Sachen eines armen Tagelöhners an und ist von nun an kein König mehr.
 
Er geht zu dem armen Bauernmädchen in die Armut ihrer Hütte, bietet ihr seine Dienste und Hilfe an und allmählich gewinnt sie Vertrauen in ihn und gewinnt ihn lieb. Sie heiraten, bleiben in der kleinen Bauernhütte, lieben einander, bekommen viele Kinder und sind glücklich ihr Leben lang.

Soweit das Märchen. Sie ahnen es schon. Der König ist ein Bild für Jesus Christus, der aus seiner himmlischen Herrlichkeit in die Niederungen des irdischen Daseins hinabgestiegen ist, was ihn letztlich am Kreuz sogar das Leben kostete.
 
Er hätte alle Macht gehabt, uns in sein Reich zu befehlen, Er hätte uns mit Wohltaten und Geschenken überschütten können, aber:

Hätten wir IHN dann geliebt?
 
Jesus will keine erzwungene Liebe! Das, was Jesus sich wünscht, ist unsere echte, wahre, ehrliche Liebe! Alles andere hat Er nämlich schon, wie der König im Märchen.

Nun feiern wir Weihnachten, den Geburtstag Jesu, und ich frage mich: Wissen das die Menschen eigentlich, alle Menschen?
 
Zum Geburtstag werden normalerweise dem Geburtstagskind Geschenke gemacht.
 
Bei allen Geschenken, die wir einander machen, die uns vielleicht wirklich viel Mühe, Zeit und Geld gekostet haben und die auch wirklich berechtigt sind, so wollen wir niemals das Geburtstagskind vergessen und uns die Zeit nehmen, IHN mit dem zu beschenken, was Er sich so sehr wünscht.

Dabei darf uns bewusst sein, dass unser Geschenk an Jesus lediglich Antwort ist auf Sein Geschenk, das Er uns macht. Das größte Geschenk macht uns Gott nämlich in Seiner Menschwerdung. Gott nimmt Menschengestalt an – was bedeutet das konkret?
 
Es ist die tiefste vorstellbare Verbundenheit von Mensch und Gott, Jesus ist Mensch und Gott. Damit ist jeder Mensch Jesus ähnlich, der ja auch Mensch ist, aber damit ist auch jeder Mensch Gott ähnlich, weil Jesus auch Gott ist.

Der heilige Papst Leo der Große hat in einer Weihnachtspredigt im 5. Jahrhundert seiner Zuhörerschaft zugerufen: „Erkenne, o Christ, deine Würde und bedenke, dass du der göttlichen Natur teilhaftig geworden bist.“
 
Schon erstaunlich, dass seine Worte mehr als 1500 Jahre überdauert haben. Es ist zeitlos richtig, dass die menschliche Würde darin wurzelt, dass wir Anteil haben an der göttlichen Natur.

Im Gabengebet der Heiligen Nacht heißt es: „Allmächtiger Gott, in dieser heiligen Nacht bringen wir dir unsere Gaben dar. Nimm sie an und gib, dass wir durch den wunderbaren Tausch deinem Sohn gleichgestaltet werden, in dem unsere menschliche Natur mit deinem göttlichen Wesen vereint ist.

Wo und wann immer ein Mensch geboren wird, ist er Träger der göttlichen Natur. Daraus resultiert auch die unantastbare Würde des Menschen. Daher sind auch die Menschenrechte göttlichen bzw. christlichen Ursprungs.

Wenn in diesen Tagen sich die Menschen einander beschenken, dann liegt darin vielleicht auch eine Urahnung vom Geschenkcharakter des in Jesus Christus angebotenen Heiles.

Noch ein nachdenkliches Wort zum Schluss:
 
Wo immer Menschen ihre Rechte vorenthalten werden, Menschenrechte verletzt werden, dort verletzt dies auch Gott. Und wo immer Menschen getötet werden, sei es im Krieg oder am Anfang oder am Ende des Lebens, so ist dies ein Vergehen gegen die Heiligkeit Gottes.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus, in dem König im Märchen können wir Jesus Christus erkennen. Er will keine erzwungene Liebe, sondern eine echte und wahre Liebe, denn alles andere hat Er schon, wie der König.
 Weihnachten ist Sein Geburtstag
. Wir wollen nicht vergessen, Ihn zu beschenken mit dem, was Er sich am meisten wünscht und Ihm dabei auch danken für das Geschenk, das Er uns in Seiner Menschwerdung gemacht hat.